Die Geschichte der Menschheit ist reich an Erfindungen, die das Leben komplett umgekrempelt haben: Das geht schon mit der Entdeckung des Feuers los, führt viel später weiter zu Errungenschaften wie dem Buchdruck, der Dampfmaschine, der Elektrizität, dem Automobil bis hin zum Internet. Als dessen Geburtsstunde gilt das Jahr 1989. Aber erst 1993 wurde die neue Kommunikationstechnik für die breite Öffentlichkeit zugänglich.

Zehn Millionen Menschen surften damals durch das junge Netz. Heute, gerade mal 30 Jahre später, sind es 5,3 Milliarden weltweit. Ohne Internet läuft nichts mehr: keine Banküberweisung und kein neues Auto, keine Fabrik, kein Unternehmen, nicht mal Behörden oder Schulen, auch wenn man daran manchmal zweifelt. Disruptiv, also "störend" oder "Unruhe stiftend", nennen Fachleute solche Erfindungen. Sie lassen keinen Stein auf dem anderen – im Guten, wie im Schlechten.

Wissen und Information sind im Internet für alle verfügbar

Denn zum einen ist die Erfindung des britischen Informatikers Tim Berners-Lee ein großartiger Demokratisierer: Wissen und Information sind im Internet für alle verfügbar. Menschen können in Echtzeit miteinander reden – über ihre Freizeit sowie über politische Entscheidungen ihrer Führungsspitzen. Produktionsprozesse lassen sich im Internet der Dinge vereinfachen und beschleunigen.

Zum anderen wirkt das Internet auch als Zerstörer: Hass und Hetze in den sozialen Netzwerken sind noch immer ungezügelt, dubiose Anbieter zocken Nutzer ab, Fake News und staatlich organisierte Kampagnen bringen sogar Staaten wie die USA ins Wanken, Menschen werden abhängig von Likes und beschleunigen sich bis an den Rand des Burn-outs.

Menschen müssen lernen, mit den negativen Seiten des Netzes besser umzugehen

Darüber zu jammern hat bei disruptiven Erfindungen noch nie geholfen.

Stattdessen braucht es eine gute Begleitung – durch offizielle Stellen oder durch die Community selbst.

Kontrollmechanismen müssen greifen, wenn Verbrecher das Internet zum rechtsfreien Raum machen. Menschen müssen lernen, mit den negativen Seiten des Netzes besser umzugehen. Und schließlich hat jedes Endgerät auch einen Off-Schalter.

Wer skeptisch ist, ob sich die guten Seiten des Internets durchsetzen werden, kann sich am Optimismus von Tim Berners-Lee aufrichten: Das Internet habe sich in den letzten 30 Jahren so stark verändert, dass es "schwarzseherisch und einfallslos" sei, nicht an sein Entwicklungspotenzial zum Besseren zu glauben.

"This is for every­one", das ist für alle da

Etwas mehr Berners-Lee täte dem Netz sowieso ganz gut. Denn ohne die selbstlose Großzügigkeit des Briten wäre das World Wide Web nicht so schnell so groß geworden: Ganz bewusst hatte der Wissenschaftler vor 30 Jahren auf eine lukrative Patentierung seiner Idee verzichtet.

"This is for every­one", das ist für alle da, sagte er einmal.

Wenn diese Haltung, auch im Internet, mehr Verbreitung fände – es wäre ein Segen.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden