Meine Wahrnehmung schwankt.
Manchmal fühle ich mich mit meinen 28 Jahren schon stramm auf die 30 zugehend. 30. Diese schwarzmalerische Zahl, in deren Dunstkreis man immer öfter automatisch innehält und sich fragt: "Bin ich auch nur ansatzweise da, wo ich früher mal dachte, dass ich in diesem Alter sein würde?" Die Antwort ist – höchstwahrscheinlich nicht nur bei mir – "Nein". Aber ist das so schlimm? Finde ich eigentlich nicht.
Jetzt schon Ehefrau und Mutter zu sein, kann ich mir zum Beispiel gar nicht vorstellen. So langsam auf dem Weg dahin zu sein: schon eher.
Schließlich heiraten auch schon auffällig viele Freundinnen und Freunde um mich herum.
Ziehe ich karrieretechnisch Bilanz, finde ich, das kann sich schon sehen lassen. Seit drei Jahren bin ich im ersten Job und dafür nach dem Studium noch einmal in eine neue Stadt gezogen. Mein Zwischenfazit bisher: läuft ganz gut – die erste Beförderung kam nach kurzer Zeit und auch finanziell kann ich mir mittlerweile die eine oder andere Spielerei leisten.
So war ich ziemlich stolz, als ich mir vor kurzem mein erstes eigenes Auto kaufen konnte.
Mit 28, das muss man sich mal vorstellen! Generation Großstadtkind, Car Sharing und Flixbus, sag ich da nur. Aber damit war es jetzt mal gut. Ich sehnte mich nach Flexibilität. Auch wenn ich das Auto in der Stadt natürlich nicht sooo dringend brauche. Ehrlich gesagt ist es ein reiner Luxus, den ich mir eben gönnen wollte. Und ich muss zugeben: Mit meinem Auto fühle ich mich plötzlich richtig erwachsen.
Zumindest bis ich Freunden davon erzähle. Dann wird dieses Gefühl nämlich ab und an getrübt. Etwa von der Fraktion "Wir brauen jetzt übrigens ein Haus" oder den bis vor kurzem noch eingeschworenen Stadtmenschen, die nun "rausziehen", weil "wir ein Grundstück auf dem Land gefunden haben", denn "die Zinsen sind ja gerade recht niedrig" und "es ist ja Quatsch Miete zu zahlen, wenn wir davon etwas Eigenes abbezahlen können".
In solchen Momenten frage ich mich, ob alle um mich herum in Warp-Geschwindigkeit erwachsen geworden sind.
Und vor allem, wo sie das Geld und die Selbstsicherheit für so große Vorhaben auf einmal herhaben. Bin ich denn die Einzige, die gerade erst mit dem Job angefangen hat und sich noch fragt, wie man Freizeit, Hobbies und Arbeit am besten unter einen Hut bringt?!
Dann muss ich kurz durchatmen. Und mich daran erinnern, dass wir Menschen uns oft so leicht miteinander vergleichen, dabei gibt es doch kaum etwas Schwierigeres. Und am Ende, wenn ich wieder ganz bei mir bin, freue ich mich einfach über mein Auto. Und darüber, dass ich ja nach wie vor die Wahl habe, mich auf mein Fahrrad zu schwingen. Denn zum Glück bin ich ja (noch) nicht zugunsten des Eigenheimes in die Pampa gezogen.
Über die Bloggerin
Eva Scholz ist 28 und gebürtige Nürnbergerin. Seit ein paar Jahren lebt und arbeitet sie in Frankfurt am Main.