Dass man sich schon im Mittelalter mit Alkoholgrenzwerten befasste, beweist das "Buch der Wunder im Zisterzienserorden" oder vielmehr dessen Buchdeckel aus dem 15. Jahrhundert, den man jüngst bei Renovierungsarbeiten im Kloster Maulbronn in der Nähe von Pforzheim entdeckte.
Eingeklebt fand sich darin ein Pergament aus dem 14. Jahrhundert, das Auszüge aus dem jüdischen Talmud enthält. Es stammt wohl aus einem ausgesonderten Buch, das in der mittelalterlichen Bibliothek nicht mehr gebraucht wurde.
Laut Andreas Traub von der Universität Tübingen wird darin in der Diskussionsform des Talmud etwa darüber geschrieben, was der Tod eines Ehepartners rechtlich für den Hinterbliebenen bedeutet. Auch theologische Aussagen über das Blut Abels finden sich in dem Text.
Zudem wird die Frage erörtert, wie viel Wein man trinken darf, bevor man geschäftsunfähig wird. Demnach wurde schon damals in der bis heute in Württemberg und Franken üblichen Einheit des "Vierteles" (oder Schoppen) gemessen.
Das Pergament gibt die Regel aus, vor Vertragsabschluss maximal einen Viertelliter Wein zu sich zu nehmen. Das entspricht bei einem 80-Kilo-Mann knapp 0,5 Promille, bei einer 55-Kilo-Frau allerdings schon verkehrsuntüchtige 0,8 Promille.
Zum Vergleich: In der angeblich so nüchternen Moderne gilt nach § 105 Abs. 2 BGB, dass geschäftliche Willenserklärungen dann nichtig sind, wenn sie "im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit abgegeben" werden.
Für geschäftsunfähige Volltrunkenheit gilt heute ein Wert von in der Regel drei Promille - oder sechs Viertele für den 80-Kilo-Mann.