Trump, Putin und Xi werden sich ins Fäustchen lachen. Die EU bietet angesichts des Hickhacks um die Kommissionspräsidentschaft wahrlich kein beeindruckendes Bild. Schon auf dem jüngsten G 20-Gipfel in Osaka schienen Amerikas, Russlands und Chinas Staatenlenker die Weltagenda weitgehend unter sich auszumachen. Europas politische Elite dagegen fristete eher ein Nischendasein. Der aktuelle Clinch zwischen den EU-Institutionen ist deshalb für Europas Image und Gewicht in der Welt umso verheerender, zumal demnächst mit dem Brexit ein europäisches Schwergewicht ausfällt.
Nach dem Höhenflug bei den Europawahlen ist der Frust vieler Menschen über die Abkehr von der Spitzenkandidaten-Option für den Kommissionsvorsitz verständlich. Das Europaparlament stellte sich aber selbst ein Bein, und Frankreichs Präsident bremste ohnehin. Dabei entspricht das eigene Vorschlagsrecht des Europäischen Rats durchaus den EU-Regularien. Weitaus bedenklicher ist, dass man beim Personal-Poker den populistisch und nationalistisch regierten Ländern übermäßig entgegenkam: Italien, aber auch Ungarn und Polen, gegen die ein Rechtsstaatlichkeitsverfahren läuft und die weiter zu den Hauptprofiteuren der EU zählen. Anlässlich der Wahlen hatte man ja noch vielstimmig an die Menschen appelliert, Nationalisten und Populisten eine Abfuhr zu erteilen.
Auch die Kirchen müssten Europa unterstützen
Umso mehr sollten jetzt alle für eine offene Gesellschaft eintretenden Kräfte in Europa die EU-freundlichen Bürgerbewegungen wie etwa in Polen und Tschechien unterstützen. Und sie sollten von der neuen Kommission ein noch strikteres sanktionsbewehrtes Beharren auf der EU-Grundrechtecharta für alle Mitgliedsländer einfordern. Im Blick auf das christliche Menschenbild müssten das auch die Kirchen unterstützen und mithilfe ihrer europäischen Bündnisse sowie ihrer Partnerkirchen Einfluss auf die nationalen Regierungen nehmen.
Dass die EU ein Kompromiss-Konstrukt ist, mag manchen enttäuschen. Dass sie allerdings ebenso ein weltweit bewundertes Erfolgsprojekt in Sachen Frieden und Freiheit ist, sollte die künftige EU-Kommission zu neuem Tatendrang für eine mutige Reformagenda anspornen – wie sie im übrigen Frankreichs Präsident Macron schon lange fordert. Bei der Wahl der neuen Kommissionsspitze durch das Parlament muss es jetzt vor allem um Inhalte gehen, aber auch um die Geschlossenheit der EU-Institutionen. Die Weltpolitik darf nicht allein den unberechenbaren Präsidenten Amerikas, Russlands und Chinas überlassen werden. Syrien und Iran sind Warnung genug. Will die EU ein ernst zu nehmender Player bleiben, darf sie sich jetzt nicht selbst zerlegen.