Klinik, Landwirtschaft, Verkehr und Pfarramt

In diesem Jahr feiert der Tag ohne Verpflichtungen sein 1.700-jähriges Bestehen. Doch während viele dem süßen Nichtstun frönen, müssen andere am Sonntag regelmäßig ran - etwa das Personal in Krankenhäusern und der Gastronomie, Menschen in der Landwirtschaft, Bus- und Bahnpersonal, Verkäufer oder Arbeiter im produzierenden Gewerbe. Auch für Pfarrer ist der Sonntag ein wichtiger Arbeitstag. Claudia Häfner und ihr Mann sind sogar beide in diesem Beruf tätig. Im Gespräch mit dem Sonntagsblatt verrät die vierfache Mutter aus München, wie die Familie mit den selten freien Sonntagen umgeht.

Frau Häfner, als Pfarrerin haben Sie sonntags so gut wie nie frei. Wie ist das für Sie?

Claudia Häfner: Als ich den Beruf wählte, wusste ich, dass das so sein würde: Sonntage sind häufig Arbeitstage. Andererseits ist es vermutlich nicht vergleichbar mit anderen Berufen, in denen am Sonntag gearbeitet werden muss - und das sind inzwischen viele. Mein Beruf ist nicht nur Broterwerb, sondern auch Berufung. Gottesdienst zu feiern ist für mich keine Pflicht, sondern ein Bedürfnis. Und ich muss zugeben, dass mir etwas fehlt, wenn ich am Sonntag nicht arbeite. Ich starte viel besser in den Sonntag und die neue Woche, wenn ich selbst in irgendeiner Form "arbeiten", sprich Gottesdienst feiern oder taufen, darf.

Nun haben Sie gleich mehrere besondere Situationen: Sie leben und arbeiten in einer Großstadtgemeinde und Ihr Mann ist ebenfalls Pfarrer. Wie wirkt sich das auf Ihre freien Sonntage aus?

Häfner: Klar, für die Kollegen und Kolleginnen, die alleine in eine Gemeinde sind, etwa auf dem Land, für die ist es nicht so leicht. Jeden Sonntag mit einer neuen Predigt die Kanzel zu besteigen braucht Kreativität. In einer Großstadt wie München dagegen ist es leichter Kollegen zu finden, die einen vertreten. In ganz großen Gemeindeteams ist es manchmal sogar so, dass Pfarrer lieber öfter am Sonntag Dienst hätten, um mit der Gemeinde in kontinuierlichem Kontakt zu sein.

Für mich hat sich mein Verhältnis zur "Wochenendarbeit" aber auch verändert. Ich bin seit 20 Jahren Pfarrerin, lange war es für mich selbstverständlich am Wochenende zu arbeiten. Doch seit die Kinder größer sind und mehr Unterstützung in der Schule brauchen oder sich am Wochenende Familienzeit wünschen, bin ich auch dankbar, wenn ich keinen Dienst habe.

Dass mein Mann Pfarrer ist, empfinde ich als Glücksfall. Denn er hat Verständnis für meine Arbeit und meine Arbeitszeiten - und umgekehrt ist es natürlich genauso. Ich weiß, dass es für Kollegen und Kolleginnen, die Partner mit anderen Berufen, die am Wochenende zwei Tage frei haben, oft anders ist. Mein Mann und ich versuchen es so zu organisieren, dass wir an denselben Wochenenden arbeiten und nach Möglichkeit ein Wochenende im Monat frei haben. Dafür bedarf es guter Absprachen und Planung.

Als freien Tag zum Ausgleich für den Sonntag versuchen wir seit vielen Jahren, den Freitag einzuhalten. Der geht dann häufig leider mit Haushalt, Einkauf und manchmal auch Terminen drauf. Aber in der Zeit, in der die Kinder noch nicht wegen Corona zuhause waren, haben wir den Freitag früh als Paarzeit genutzt.

Wird der Sonntag als freier Tag überschätzt?

Häfner: Überschätzt wird der Sonntag als freier Tag nicht. Im Gegenteil! Ich finde es eher schockierend, dass immer mehr Menschen sonntags arbeiten müssen. Die Seele braucht an einem Tag in der Woche Ruhe. Und im Christentum ist das der Tag des Herrn, der Sonntag. In anderen Religionen ist es der Freitag oder Samstag.

Am 3.März 321 nach Christus erklärte Kaiser Konstantin den Sonntag zum geschützten Tag. Das gilt bis heute 1700 Jahre später. Allerdings ist der Sonntag zunehmend in Gefahr. Denn immer mehr Firmen wollen, dass ihre Geschäfte auch sonntags geöffnet sind und dass dann natürlich die Angestellten arbeiten müssen. Eine kleine Geschichte des Sonntags.