Wegen der Verleihung des Menschenrechtspreises der Stadt Nürnberg an die uigurische Whistleblowerin Sayragul Sauytbay liegen die Beziehungen zwischen Nürnberg und seiner Partnerstadt Shenzhen auf Eis. Wie Christine Schüßler vom Amt für Internationale Beziehungen der Stadt Nürnberg bei einer Veranstaltung mit Sauytbay sagte, liefen derzeit keine partnerschaftlichen Projekte mehr.

Die Nürnberger Auszeichnung ermögliche es ihr wiederum, ihre Arbeit fortzuführen und die Situation in China immer wieder in die Öffentlichkeit zu rücken, berichtete Saytbay. Seit der Preisverleihung führe sie zahlreiche Gespräche mit Medienvertretern und Politikern und sei mit Amnesty International in Kontakt. Die 46-Jährige stellte Bilder aus den Xinjiang Police Files vor, die Gefangene der dortigen Internierungslager, Polizeigewalt und weinende Kinder zeigen.

Die Ärztin war mit dem Preis ausgezeichnet worden, weil sie für das Schicksal von mehr als einer Million Muslime in der Region Xinjang im Nordwesten Chinas stehe, die gewaltsam in Lagern festgehalten würden und Gehirnwäsche, Folter und Vergewaltigung erlitten, war die Begründung der Jury. Die Menschen in der Region Ostturkestan, heute Xinjiang, erlebten seit der Jahrtausendwende eine "kulturelle Assimilierung", die China als Umerziehung bezeichne.

"Wir dürfen uns nicht nur schockieren lassen, sondern aus dem Schock darüber, was unsere Preisträgerin berichtet, müssen wir ins Handeln kommen", sagte Markus Krajewski, Völkerrechts-Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) bei einer Podiumsdiskussion. Asgar Can von der Uigurischen Gemeinde in Europa forderte Unternehmen wie VW, Bosch, BMW oder Siemens auf, mit ihren chinesischen Partnern über die dort stattfindenden Menschenrechtsverletzungen ins Gespräch kommen, und zu untersuchen, inwieweit diese in Zwangsarbeit verwickelt seien.

"Wir wissen um unsere Abhängigkeiten. Wir wissen, dass wir das ohnehin reduzieren müssen", stellte die Nürnberger SPD-Bundestagsabgeordnete Gabriele Heinrich fest. Handelsbeziehungen könnten nicht komplett abgebrochen werden, jedoch sollten die Lieferketten genauer angeschaut werden. Ein erster Schritt sei das Lieferkettengesetz, das am Januar 2023 in Kraft treten werde.