Ein Stillleben: von Wind und Regen umgestoßene Gießkannen vor einem Gräberfeld. Die Nahaufnahme einer steinernen Engel-Skulptur. Verblasste Grabinschriften. Neben den Fotografien kurze lyrische Texte – Gedichte, Gedanken, manchmal Gebete. Für ihren Bildband "Ins Leben zurück. Mein Trauerbegleiter" haben die freischaffende Künstlerin Elizabeta Karlstetter und der Fotograf Georg Karlstetter aus ihren Archiven Bilder und Texte zum Thema Tod und Trauer zusammengetragen.

Dabei ist ein 96-seitiges Werk entstanden, das anders ist als die kitschigen Geschenkbücher, die es in Buchhandlungen zu Hauf zu kaufen gibt, "Herzliche Anteilnahme" und "Tröstende Worte" heißen und Sonnenaufgänge neben indischen Lebensweisheiten zeigen.

Elizabeta und Georg Karlstetter: Ins Leben zurück. Mein Trauerbegleiter
Elizabeta und Georg Karlstetter: Ins Leben zurück. Mein Trauerbegleiter (Claudius Verlag, 2018)
Elizabeta und Georg Karlstetter: Ins Leben zurück. Mein Trauerbegleiter (Claudius Verlag, 2018)
Elizabeta und Georg Karlstetter: Ins Leben zurück. Mein Trauerbegleiter (Claudius Verlag, 2018)
Elizabeta und Georg Karlstetter: Ins Leben zurück. Mein Trauerbegleiter (Claudius Verlag, 2018)
Für den Bildband "Ins Leben zurück. Mein Trauerbegleiter" hat Fotograf Georg Karlstetter fast alle Motive auf der venezianischen Friedhofsinsel San Michele aufgenommen.

Mit Fotos und Lyrik "Ins Leben zurück"

Die Texte aus dem neuen Buch stammen aus den Tagebüchern von Elizabeta Karlstetter. Die 60-Jährige aus Königswinter hält ihre Gefühle bereits seit Jahrzehnten jeden Tag schriftlich fest, sagt ihr vier Jahre älterer Ehemann Georg Karlstetter. Während andere Menschen ihre Erlebnisse in Tagebüchern detailgenau protokollieren, formuliert Elizabeta Karlstetter sie in poetischer Form. Das klingt dann zum Beispiel so:

"In tiefer Nacht | bleierner Gedankenregen | viele Monde lang | nebelige Spiegel vermooster Träume | des Unveränderbaren […]".

Für den bereits im Juni im Münchner Claudius-Verlag erschienenen Bildband hat sie Tagebucheinträge ausgewählt, in denen sie selber den Tod eines nahestehenden Menschen verarbeiten musste. Unter manchen Texten steht ein Name.

"Nach dem Abschied | bleibt ein endlos scheinender | Schmerz | mit vielen Nägeln |in offenen Wunden […]"

Schmerz, Wut, Angst, Sehnsucht – all die Emotionen, die Hinterbliebene nach dem Tod eines geliebten Menschen fühlen, sind in den Gedichten zu finden. Deshalb seien die Texte besonders persönlich und tröstend, findet Georg Karlstetter, der als freier Vertreter im Buchhandel arbeitet.

Ich kenne viele Tage
mit Karfreitagsgefühl
mein oft durchkreuztes Leben
vertrieb kindliche Heiterkeit
nie kannte ich lange
das reine Glück
der Seitenstoß blieb
ich starb viele Male
aber ich starb nicht
immer wieder wurde es Ostern
in mir

Elizabeta Karlstetter

Einige Stücke der Christin klingen fast wie Gebete oder zumindest Zwiegespräche mit Gott:

"Deine ewigen Hände umfangen mich | schützend | wenn ich stürze | weine | ins Bodenlose falle […]".

Bilder stammen von venezianischer Friedhofsinsel

Elizabeta Karlstetter befasst sich seit vielen Jahren künstlerisch mit dem Thema Trauer. Aus Fundstücken wie verrostetem Draht, altem Holz oder Glasscherben malt und collagiert sie neue Werke. Daraus sind schon mehrere Ausstellungen entstanden, unter anderem die Schau "Fragil + Vergänglich", die sie 2011 in Venedig vorstellte.

Die italienische Lagunenstadt ist der Sehnsuchtsort des Ehepaars Karlstetter. Ihr erstes Buch trug den Titel "Venedig – dem Himmel so nah" (Fontis Verlag, 2013) und war ein persönlicher Blick auf ihre Lieblingsstadt. Für das aktuelle Buch hat Georg Karlstetter fast alle Fotografien auf der venezianischen Friedhofsinsel San Michele aufgenommen. Zwei Bilder stammen von der nahegelegenen Mönchsinsel San Francesco del Deserto.

Die Schwarzweiß-Bilder sollen immer zum Gedicht passen. Das gelingt oft nicht auf den ersten Blick, regt aber dazu an, sich näher mit Text und Bild auseinanderzusetzen.

Bildband soll Trost spenden

Georg und Elizabeta Karlstetter wollen mit dem Buch Mitgefühl zeigen und Trost spenden. Besonders wichtig ist ihnen auch die Hoffnung, sagt Georg Karlstetter. Und so wie Trauernde mit der Zeit beginnen, den Tod zu akzeptieren, enthalten auch die Gedichte immer einen Hoffnungsschimmer:

"Rabenschwarze Tageswolke | dunkle Lebenswolke | du verdeckst | meine Sonne nicht"

Buch-Tipp

Elizabeta und Georg Karlstetter: Ins Leben zurück.

Ins Leben zurück CoverElizabeta und Georg Karlstetter: Ins Leben zurück. Mein Trauerbegleiter.

96 Seiten, Claudius Verlag, München 2018

ISBN: 978-3-532-62829-4

15,00 €