Dass Ehepaare auseinandergehen, war früher ein gesellschaftliches Tabu und ist heute ein Massenphänomen. Alleine 2015 verzeichneten die Statistiker mehr als 163 000 Scheidungen in Deutschland. Die Häufigkeit birgt für die Beteiligten ein großes Problem, wie der Paarberater und Erfolgsautor Hans Jellouschek in seinem neuen Buch »Trennungsschmerz und Neubeginn« zeigt.

Weil es so normal geworden ist, stellen sich viele unter dem Auseinandergehen inzwischen einen nicht allzu schwierigen Prozess vor. Doch das stimmt nicht. »Emotional gibt es gerade heutzutage nur weniges im Leben, das die Partner so umtreibt und mindestens einen der beiden so schmerzhaft trifft, wie eine Trennung vom Lebenspartner«, schreibt Jellouschek.

Der bei Tübingen lebende Theologe und Psychotherapeut ist bei diesem Thema kein unbeschriebenes Blatt. Seine erste Frau trennte sich von ihm, seine zweite starb an Krebs. Im Eingangskapitel schildert Jellouschek sehr persönlich, wie er die Trennungen durchlitt und was ihm beim Neuanfang geholfen hat.

Trennung ohne Rosenkrieg

Der Autor wirbt eindringlich dafür, die schmerzlichen Verluste nicht zu unterschätzen, die jedes Auseinandergehen verursacht – auch die Trennung, die man selbst betrieben hat. Man verliert Vertrautes und Gewohntes (zu Hause war immer »jemand da«), verliert gemeinsame Freunde, oft auch gesellschaftlichen Status, zum Beispiel als Alleinerziehender. Letztlich verliert man etwas von sich selbst, denn man muss eine autonome Entscheidung für eine Partnerschaft nach Jahren rückgängig machen.

Damit sagt Jellouschek nicht, dass Trennungen falsch wären. Im Gegenteil: Er warnt davor, die Entscheidung immer wieder hinauszuzögern oder sich von Woche zu Woche mit dem Gedanken »Es wird vielleicht doch wieder besser« zu vertrösten. Der Autor vertritt zudem die Ansicht, dass eigene Kinder, denen zuliebe häufig auf eine Scheidung verzichtet wird, mit einer fairen Trennung besser leben könnten als mit einer Ehe ohne Liebe.

Aus seiner jahrzehntelangen Beratungserfahrung präsentiert der 78-Jährige Muster, die einem gelingenden Neuanfang im Wege stehen. Dazu zählt er, dass man sich ausschließlich als Opfer des »bösen« Partners fühlt und ihn allein für das Scheitern verantwortlich macht. Das mündet häufig in Rosenkriegen – der Gedemütigte hofft, nach dem Verlust der Liebe wenigstens noch etwas »Gerechtigkeit« für die erlittenen Schäden erreichen zu können.

In dritter Ehe verheiratet

Jellouschek hält das für einen Irrweg. Geschiedene profitieren seiner Überzeugung nach am meisten davon, wenn sie einander vergeben und sich gleichzeitig am Ende ihres gemeinsamen Wegs noch einmal bewusst machen, wie viel Gutes der andere zumindest in Phasen der Beziehung ins eigene Leben gebracht hat. Ein Fehler sei es, sich nach dem Beziehungs-Aus gleich in die nächste Partnerschaft zu stürzen. Sehr häufig ende auch dies mit Trennung. Vor einer neuen Liebe müssten die Ursachen für das Scheitern der alten Liebe ehrlich und demütig aufgearbeitet werden, meint der Paarberater.

Für den Umgang mit den Kindern nach der Trennung gibt der Autor klare Anweisungen. Partner-Beziehung und Eltern-Beziehung sollten scharf getrennt werden. Auch wenn man den oder die Ex nicht mehr liebt, ist dieser doch leiblicher Elternteil, der den Kindern nicht entfremdet werden sollte. Tabu ist es auch, den anderen vor den Kindern schlecht zu machen oder den Nachwuchs dazu zu missbrauchen, Botschaften zu übermitteln (weil man ja selbst mit dem Ex-Partner nicht mehr redet).

Jellouscheks Ratgeber dürfte Menschen unterstützen, die stark unter ihrer Trennung leiden und die Ursache dafür noch nicht in der Tiefe begriffen haben. Mit praktischen Ratschlägen und Vorschlägen für Rituale hilft er Betroffenen, ihre Gedanken und Gefühle zu sortieren und aus den Mustern von Wut und Verzweiflung auszubrechen. Ihm selbst scheint das gelungen zu sein – er ist in dritter Ehe verheiratet.

 

BUCHTIPP

Hans Jellouschek: Trennungsschmerz und Neubeginn: Wie aus Abbrüchen Aufbrüche werden. 188 Seiten, 19,99 Euro. Herder, Freiburg, 2017.