Die bayerischen Privatradios bleiben länger über das analoge UKW empfangbar als geplant. Der Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) hat für den privaten Rundfunk in seiner Audiostrategie 2025 beschlossen, die UKW-Frequenzen um bis zu fünf Jahre bis 2030 zu verlängern. Zugleich setzt die Landesmedienanstalt weiter stark aufs digitale DAB plus. Wie genau das zusammengeht, erläutert BLM-Präsident Thorsten Schmiege im Sonntagsblatt-Interview.

Herr Schmiege, Sie haben in der Vergangenheit sehr für DAB plus geworben. Jetzt bekommen die bayerischen Privatradios doch noch mal einen UKW-Aufschub. Weshalb genau?

Schmiege: Die bayerischen Privatradios brauchen auch in der Zukunft gute und verlässliche Ausspielwege. Und die Zukunft gehört hier DAB plus. Mehr als 54 Prozent aller Radiohörer haben im Frühjahr 2023 in Bayern ihren Sender per UKW empfangen. Damit ist UKW im Jahr 2023 noch der wichtigste Verbreitungsweg. Aber er hat deutlich an Reichweite verloren, während die Zahl der Digitalradio-Hörer über DAB plus stetig zunimmt: 2018 waren es 15 Prozent, fünf Jahre später bereits 31,3 Prozent.

Es ist also absehbar, dass DAB plus UKW als wichtigsten Verbreitungsweg bald ablöst. Und das ist gut, weil DAB plus im Gegensatz zu Streaming mit Blick auf die Werbevermarktung nach fast identischen Spielregeln wie UKW funktioniert. Online halten dagegen andere Player die Hand auf.

Der Wechsel zu DAB plus soll sich an "Meilensteinen der Marktentwicklung" und nicht an einem festen Umstiegsdatum orientieren. Was genau sind diese Meilensteine?

Schmiege: Wir sind uns mit den Privatsendern in Bayern einig, dass wir heute noch nicht genau wissen, wann der richtige Zeitpunkt ist. Privates Radio finanziert sich über Werbung - und das heißt: je mehr Reichweite, desto besser, schließlich sind dann die Werbeeinnahmen höher. Wenn man UKW zu früh abschaltet, brechen den Sendern womöglich große Teile ihrer Hörerschaft einfach weg. Das hat dann handfeste finanzielle Auswirkungen.

Man kann UKW aber nicht einfach immer weiter laufen lassen, denn der Betrieb ist gerade in der Fläche und auch im Vergleich zu DAB Plus relativ teuer und lohnt sich nur, solange man noch eine hohe UKW-Reichweite hat. Man muss also einen Zeitpunkt finden, zu dem für die Mehrheit der Radiostationen der Technikwechsel wirtschaftlich gut zu verkraften ist - nicht zu früh, aber auch nicht zu spät. Das wird nicht für jeden Radiosender der optimale Zeitpunkt sein, aber anders geht es nicht.

Und was heißt das nun konkret? Also, wenn nur noch 20 Prozent oder weniger aller Privatradio-Hörer UKW nutzen, dann wird abgeschaltet?

Schmiege: Ich würde mal sagen, diese 20 Prozent sind keine ganz unrealistische Richtmarke - und so sieht es im Übrigen auch der Medienrat der BLM. Aber hier sind die Interessen der Sender auch sehr unterschiedlich: Für einen Stadtsender in München sind die Kosten für den UKW-Sendebetrieb für ein potenzielles Millionenpublikum eben sehr viel geringer als etwa im Allgäu.

Trotzdem sollte der UKW-Betrieb überall und für alle zur gleichen Zeit enden. Ein Flickenteppich wäre ebenso problematisch wie die Reichweiten-Verschiebungen, die dadurch entstehen können, dass ein Stadtsender einfach weiter bis ins Umland sendet und die Hörerinnen und Hörer der Radiostationen übernimmt, die dort nur noch digital erreichbar sind.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden