Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg hat mich immer schon angezogen. Schon in meinem Theologiestudium habe ich meine erste Seminararbeit im Neuen Testament darüber geschrieben.
Ein Grund war die Sperrigkeit des Gleichnisses, die mir gefallen hat. Es bürstet das gegen den Strich, was wir normalerweise empfinden. Die meisten von uns würden es jedenfalls als ungerecht empfinden, wenn jemand, der den ganzen Tag in der Hitze gearbeitet hat, keinen Cent mehr dafür bekommt als jemand, der nur eine einzige Stunde gearbeitet hat. Das geht uns schon ganz schön gegen den Strich.
Gleichnis von Arbeitern im Weinberg ist lebensnah
Der andere Grund dafür, dass mich dieses Gleichnis immer schon so angesprochen hat, ist seine Lebensnähe. Die Existenz als Tagelöhner im biblischen Israel können wir uns heute nur noch ausmalen. Aber die Gefühle, die sich in der Geschichte Bahn brechen, kennen wir genau. Und in die Situation können wir uns ja auch heute noch hineinversetzen. Der Herr des Weinbergs braucht Arbeiter für die Ernte. Und die Menschen, die da auf dem Marktplatz auf Arbeit warten, brauchen Geld, um ihre Familie durchzubringen. Auf einen Silbergroschen einigt man sich als Tagelohn. Das ist ziemlich genau so viel, wie man damals brauchte, um seine Familie ernähren zu können.
Die Ersten, die der Weinbergbesitzer einstellte, werden froh gewesen sein, dass sie die Chance bekamen, das zu verdienen, was sie brauchten. Die anderen, die später eingestellt wurden und daher nur weniger arbeiten konnten, werden sich gesagt haben: besser als nichts! Und die Letzten, die nur noch eine Stunde arbeiten konnten, werden vielleicht schon ziemlich verzweifelt gewesen sein. Für sie war die eine Stunde jedenfalls ein Lichtstreifen am Horizont.
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