Das Projekt ist ambitioniert, die Ziele hoch gesteckt und ein klein wenig Abenteuerlust ist auch mit dabei. Die Rede ist von einem authentischen Nachbau eines spätantiken römischen Patrouillenbootes.

Vor mehr als vier Jahren begannen die wissenschaftlich begleiteten Arbeiten eines ersten Schiffes dieser Art. Federführend von Anfang an war Boris Dreyer, Professor und Lehrstuhlinhaber für Alte Geschichte an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen.

Der heute 54-jährige drahtig gebaute Mann stammt aus dem Ruhrgebiet und wirkt so gar nicht wie ein Gelehrter. Er trägt Jeans und T-Shirt, ist fast immer gut gelaunt und tiefenentspannt. Das hat vielleicht mit seinem ehrgeizigen Ziel zu tun: "Ich will Geschichte wieder lebendig machen."

Das Boot "Danuvina alacris" bringt Studenten den römischen Schiffsbau näher

Nicht nur im Hörsaal will er lehren, sondern seinen Studenten und Studentinnen anhand eines konkreten interdisziplinäres Projektes die Welt vor rund 200 bis 700 nach Christus zumindest beim Bau eines Bootes vor Augen zu führen.

Das erste Boot, die Fridericiana Alexandrina Navis, kurz F.A.N., wurden anlässlich des 275. Bestehens der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) nach einjähriger Bauzeit Ende April 2018 zunächst einmal am Dechsendorfer Weiher bei Erlangen und am Rhein-Main-Donau-Kanal in Betrieb genommen. Schnell wurde klar, dass es für einen Schiffsbau am Altmühlsee bei Gunzenhausen deutlich bessere Bedingungen gibt.

Und hier wird noch gut ein Jahr lang die Danuvina alacris, was so viel wie beflügelte Donau bedeutet, in einer eigens errichteten Werft-Halle gebaut. Die DUC, wie das Boot abgekürzt heißt, wird dem Original möglichst nahe kommen. Einer der wenigen Unterschiede zur damaligen Zeitepoche ist die anvisierte längere Lebensdauer, kündigt Professor Dreyer an.

Das Boot entsteht nach traditioneller römischer Bauweise 

Seit Herbst 2020 wird gesägt und gehobelt. Handwerkliche Fachleute, die sich der römischen Geschichte verschrieben haben, wurden bundesweit gesucht und gefunden, erzählt der Projektleiter Dreyer.

So mussten beispielsweise Werkzeuge wie sie "die alten Römer" vor 1.600 Jahre verwendet haben, von Schmiedemeister Thomas Hürner (55) und seiner Meisterkollegin Jasmin Sauer (25) aus Cadolzburg erst gebaut werden.

Im vergangenen Herbst entstanden zudem über 4.000 Spezialnägel. Keine Maschine, keine CNC-Fräsung, pure, harte Handarbeit am offenen Feuer war angesagt. Dechsel-Eisen für grobe Holzvorarbeiten, Äxte zum Baumfällen, ein römischer Hobel, Zieheisen, römischer Holzbohrer und eine Holzraspel liegen sauber aufgereiht "und sind den Originalen ganz nahe", versichert der Meister.

18 massive Eichenstämme wurden für das Projekt gefällt

Nächster Bauabschnitt: Mitte Januar wurden 18 massive Eichenstämme in dem Nürnberger Reichswald gefällt und auf einem eingezäunten Platz auf dem Parkplatz am Seezentrum Schlungenhof abgelegt.

Jetzt schlug die Stunde von Thomas Lühring aus dem niedersächsischen Neustadt am Rübenberge. Der 58-jährige ist vielleicht der einzige in Deutschland, der sich Inhaber eines mobilen Sägewerkes nennen darf. Auf über 22 Meter Länge hat der Säge-Profi sein mobiles Arbeitsgerät aufgebaut, genug Platz für einen mächtigen Stamm. Aus diesen Brettern wird später das Boot gebaut.

50 freiwillige Helfer bauen am Boot mit 

Ende April sind zwei weitere Spezialisten an den Altmühlsee gekommen: Bootsbaumeister Andreas Gronau aus der Nähe von Cuxhaven und Frank Jäcklein (50) aus Regensburg. Bei einem ersten Workshop versammelten sich fast 50 Interessierte corona-bedingt in mehreren Schichten, um die ersten konkreten Bauschritte zu vollziehen.

"Anpacken, gucken, was dabei herauskommt und Spaß haben", lautet die freundliche Ansage des 37-jährigen Bootsbaumeisters. Die freiwilligen Helfer packten also den gut 500 Kilogramm Kiel des Bootes an und trugen ihn aus dem Holzlager des Parkplatzes in die künftige Bootshalle. Der Betonboden und die großen Stützen sind bereits fertig.

Professor Dreyers Vision: Mit der DUC über die Donau bis ins Schwarze Meer

"Wir haben einen Kiel, einen Bug, eine Zeichnung, jetzt kann es losgehen", sagt Gronau. Professor Dreyer strahlt und erzählt seinen mitgereisten Studentinnen und Studenten von seinen Visionen und Plänen.

Eines Tages, so Dreyer, werden wir mit der DUC über die Donau bis ins Schwarze Meer rudern, um als Beispiel für gelebte Geschichte die damalige Arbeitswelt sowie die römische Bauingenieurskunst und das Militärwesen der Öffentlichkeit näher zu bringen.

Alles ohne Strom. Die beiden Kunstschmiede aus Cadolzburg, Jasmin Schauer und Thomas Hürner demonstrierten mit einem römischen Holzbohrer, wie anno dazumal saubere Löcher im Holz gebohrt wurden.
Das Dreigestirn des Römerbootsbauprozesses: Der Erlanger Professor Boris Dreyer (rechts), Bootsbauer Frank Jäcklein aus Regensburg (dahinter) und Bootsbaumeister Andreas Gronau (links) aus Wingst im niedersächsischen Landkreis Cuxhaven Schleswig-Holstein.
Das Dreigestirn des Römerbootsbauprozesses: Der Erlanger Professor Boris Dreyer (rechts), Bootsbauer Frank Jäcklein aus Regensburg (dahinter) und Bootsbaumeister Andreas Gronau (links) aus Wingst im niedersächsischen Landkreis Cuxhaven Schleswig-Holstein.
Viel Mechanik und Elektrik auf zwei Rädern: bei Schnee und Kälte sägt Thomas Lühring aus Neustadt am Rübenberge in Niedersachsen die Bretter aus Eichenstämmen, die später den Rahmen des römischen Bootes bilden.
Der Kiel des Bootes ist das Rückgrat. Freiwillige Helfer schleppen das 500 Kilo und 22 Meter lange Teil zur künftigen Bootshalle. Mitten drin: Lena-Marie Kulke. Die 27-jährige ehemalige Tänzerin wird Bootsbauerin. „Meine Berufung“, sagt sie.
Der Kiel des Bootes ist das Rückgrat. Freiwillige Helfer schleppen das 500 Kilo und 22 Meter lange Teil zur künftigen Bootshalle. Mitten drin: Lena-Marie Kulke. Die 27-jährige ehemalige Tänzerin wird Bootsbauerin. „Meine Berufung“, sagt sie.