Atiqullah Akbari hat es geschafft: Er ist kein Flüchtling mehr und verdient seinen Lebensunterhalt selbst. Doch der Weg dorthin war lang und gefährlich. 2015 kam der heute 25-Jährige als Asylbewerber in den Landkreis Bamberg. Zweimal musste er dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) berichten, welche Gefahren ihm bei einer Rückkehr in sein Heimatland Afghanistan drohen würden. Doch sein Antrag wurde abgelehnt. Anfang 2017 wurde Akbari in das von Krieg und Terror geschundene Land abgeschoben, obwohl er laut Aussage derer, die ihn kannten, in Bamberg bestens integriert war.

Auch nach Akbaris erzwungener Rückkehr nach Afghanistan gaben seine Freunde und Betreuer in Oberfranken den Kampf um den hoffnungsvollen jungen Mann nicht auf. Die Diakonie sagte ihm einen Ausbildungsplatz zu. Vor sieben Monaten konnte Atiqullah Akbari mit einem Arbeitsvisum zurückkehren. Jetzt macht er bei der Diakonie Bamberg-Forchheim eine Ausbildung zum Altenpfleger. Ein Wermutstropfen: Er soll jetzt rückwirkend 7000 Euro für seine Rückführung bezahlen.

"Ein Ort der Solidarität mit Geflüchteten"

"Ich bin froh, dass ich kein Flüchtling mehr bin", sagt der 25-Jährige in perfektem Deutsch. Trotzdem setzt er sich jetzt für seine Landsleute ein, die nach wie vor fürchten müssen, nach Afghanistan zurückgeschickt zu werden. "Die Situation dort ist schrecklich", sagt Akbari. "In fast allen Städten ist Krieg." Dass manche Politiker behaupten, zumindest Teile des Landes seien sicher, kann er nicht verstehen: "Woher glauben sie das zu wissen?"

Akbari ist einer der weit mehr als 100 Besucher der 50. Bamberger Mahnwache Asyl am "Gabelmann", dem Brunnen mit der Neptunstatue am Grünen Markt. Seit Februar 2017 laden mehrere Organisationen montags zu der Kundgebung. Sie gilt als größte regelmäßige Protestveranstaltung für eine faire Asylpolitik in der Region. Anstoß für die Mahnwachen waren die Abschiebeflüge nach Afghanistan, sagt Pfarrerin und Organisatorin Mirjam Elsel: "Die Mahnwachen sind ein Ort der Solidarität mit Geflüchteten."

Deutliche Kritik an Abschiebungen

Zurzeit sind Abschiebungen nach Afghanistan wieder sehr aktuell. Als "unsäglich" bezeichnet Christine Kamm, Sprecherin für Asylpolitik und Integration der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag, die bisher letzte Abschiebeaktion nach Afghanistan Anfang Juli. Kamm ist aus Augsburg zur Bamberger Mahnwache gekommen und erzählt von Mittelschülern, die aus einer Prüfung herausgeholt und in den Flieger nach Kabul gesetzt wurden. "Mir wurde berichtet, dass ein junger Mann an Händen und Füßen gefesselt und auf die Laderampe eines Polizeiautos geworfen wurde", sagt Kamm.

Pfarrerin Mirjam Elsel berichtet, dass im letzten Abschiebeflieger nach Afghanistan auch zwei bestens integrierte Berufsschüler aus Bamberg saßen. Elsel übt auch Kritik an der "Aufnahmeeinrichtung Oberfranken" (AEO) in einer ehemaligen Kaserne in Bamberg. Die Einrichtung mit derzeit rund 1300 Bewohnern soll in ein Ankerzentrum ("Ankunft, Entscheidung, Rückführung") umgewandelt werden. Oft würden die Bewohner der Einrichtung psychisch krank, und es brauche, wenn sie aus der AEO auszögen, viel Reintegration. Außerdem schüre ein solch großes Flüchtlingslager Ängste in der Bevölkerung.

Mahnwache als Hoffnungszeichen

Bei der Mahnwache treten auch Geflüchtete ans Mikrofon. Ein junger Mann berichtet in fließendem Deutsch von seiner Angst, nach Afghanistan zurückgeschickt zu werden: "Ich würde dort keinen Tag überleben. Ich werde dort verfolgt." Die Ausländerbehörde werfe ihm vor, nicht an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken: "Dabei habe ich alles getan, was das Amt verlangt."

Trotz solch dramatischer Geschichten ist die Mahnwache auch ein fröhliches Fest: Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen sitzen auf Bierbänken zusammen, essen und trinken. Viele Geflüchtete haben Speisen aus ihrer Heimat zubereitet. Eine ältere Frau sagt ins Mikrofon: "Für mich sind die Mahnwachen ein Hoffnungszeichen in einer Zeit, in der ich Angst habe vor dem, was noch kommen könnte."