Freitagmittag um 12 Uhr ertönen die Glocken über Bluetooth aus dem Lautsprecher: Die PopUp-Kirche in der Landshuter Ladenzeile ruft zur Andacht. Gleich vor der Tür: der Wochenmarkt. Etwa 20 Besucher lassen sich in den kleinen Andachtsraum locken - mehr sind es manchmal in großen Kirchen nicht. "So eine halbstündige Andacht, in der man zur Ruhe kommt, aus dem Alltag rausgeht, das ist ein Angebot, das hier gut angenommen wird", sagt Doris Bauer vom Evangelischen Bildungswerk.
Doris Bauers Erfahrungen mit der PopUp-Kirche in Landshut
Bauer zeichnet für die Organisation der PopUp-Kirche in Landshut verantwortlich. Die Szene schildert sie, um zu zeigen, was die Ladenkirche bislang bewirkt hat. Sie wurde selbst bei Menschen zum Stadtgespräch, die nie dort waren. Und zwar weil Kirche aus den klassischen Kirchenmauern herausging: Die evangelische Kirche mietete Ladenräume nach dem Prinzip der PopUp-Stores in der Einkaufsmeile an und bot wie andere Unternehmen auch ihre Werke und Dienste an, stellte Kontakte und Begegnungen zu Haupt- und Ehrenamtlichen her und zeigte ihren Markenkern, "indem sie einfach da war, wo Menschen tagtäglich unterwegs sind", sagt Bauer.
Für sie ist das bayernweit beachtete Pilotprojekt "ein voller Erfolg, weil es den Nerv der Zeit getroffen hat", wie Bauer sagt. Immer wieder habe sie gehört: "Das ist toll. Das macht die evangelische Kirche. Und man sieht es."
"Ansprech-Bar" für Gespräche mit Pfarrer*innen
Ein besonderer Anlaufpunkt der Ladenkirche war die "Ansprech-Bar" im hinteren Bereich des Ladens. Woche für Woche stellten sich dort Pfarrer*innen aus den vier Stadtgemeinden für Gespräche zur Verfügung. Das hätten auch die Ehrenamtlichen zu schätzen gewusst, sagt Peter Pöhlmann vom Ergoldinger Kirchenvorstand.
Dass Pfarrer wieder ein Gesicht bekommen und ansprechbar sind, und nicht nur mit Verwaltung, Kirchensanierungen und Kindergartenorganisation beschäftigt sind, sei wichtig. "Nicht jeder setzt sich am nächsten Tag zu uns in die Kirche", sagt Pöhlmann. "Aber die Menschen hatten einen positiven Kontakt zur Kirche und das wirkt." Wenn es nach ihm ginge, sollte die Kirche das "gelungene Format" in regelmäßigen Abständen wieder anbieten.
Reaktionen auf die PopUp-Kirche
Sonst werben Unternehmen mit PopUp-Konzepten um Kunden, verfolgen aber gleichzeitig kommerzielle Interessen. Die PopUp-Kirche dagegen setzt auf Nachhaltigkeit und niedrige Preise: Im vorderen Bereich präsentiert das Diakonische Werk seinen Secondhand-Laden, in dem es Kleidung, Tücher, Hüte, Schuhe und Schmuck zu kaufen gibt. "Es sind viele Leute gekommen, vor allem jüngere Menschen, die sich gefreut haben, dass es so einen Laden mit Vintage-Kleidung gibt", sagt Holger Peters von der Diakonie. Die meisten hätten vorher zur Kirche gar keinen oder wenig Bezug gehabt.
Eine Besonderheit war für Peters der Verkauf des "Ferrari"-Fahrrads am Eröffnungstag. Das Rennrad stand altmodisch, aber blitzblank geputzt im Schaufenster. Auch viele Schallplatten seien über den Ladentisch gegangen. "Wir wurden mehrfach, besonders von jüngeren Kunden und Studierenden, angesprochen, die sich wünschten, dass der Laden dauerhaft erhalten bliebe", berichtet er.
Der Wunsch der Kundschaft erfüllt sich: Bis Weihnachten soll der Vintage-Laden der Diakonie mit Hilfe der Freiwilligen-Agentur weiterbetrieben werden, sagt die Landshuter Dekanin Nina Lubomierski. Sie sei "überwältigt vom Echo" der PopUp-Kirche. Im Advent sollen auch wieder die Glocken in der Ladenzeile läuten - und zur Andacht einladen.