Manche Gräber sind pompös gefertigt und haben schon damals ein Vermögen gekostet. Bis zu sieben Meter hoch sind die insgesamt 20 Barockdenkmäler. Manche sind aber auch mit relativ einfachen Grabsteinen bedeckt. Dicht nebeneinander stehen diese Epitaphien auf dem gepflasterten Kirchhof der Dreieinigkeitskirche. Die Grabdenkmäler wurden von 1641 bis 1787 errichtet, also vor fast 400 Jahren.
Beinahe 100 Verstorbene liegen hier begraben, darunter Gesandte aus Schweden, Dänemark, Thüringen, Kursachsen und Preußen. Kein Hinweisschild verrät ihren Namen oder die Lebensdaten der während ihrer Dienstzeit verstorbenen Diplomaten.
Verwittertes Gestein erzählt Geschichten
Klaus-Peter Rueß entdeckte den Friedhof zum ersten Mal 1979, »als die Europapolitik noch ein besonderes Ereignis war«.Schon immer habe er die Inschriften dieser europäischen Diplomaten entziffern wollen. Denn der Reichstag zu Regensburg war für ihn so etwas wie das Europäische Parlament. Doch nichts war dazu im Stadtarchiv erhältlich.
Erst nach dem Ende seines Berufslebens als Universitätsdozent für Chemie hat er sich intensiv mit dem Gesandtenfriedhof beschäftigt und Forschungen dazu angestellt. Er entzifferte jedes Detail des arg verwitterten Gesteins und kann heute Geschichten von den Gesandten und ihren Familien erzählen.
Ein Gesandter dichtete beispielsweise für seine verstorbene Frau ein wunderbar barockes Liebesgedicht und ließ es auf dem Grabstein anbringen. Leicht verklausuliert hinterließ er noch ein Versprechen, was der Inschriftenforscher Albrecht Klose mit »Deinen Platz wird niemals eine Neue erlangen« entschlüsselte. Doch anscheinend heiratete der Gesandte doch noch einmal und ließ, als ob ihn sein schlechtes Gewissen plagte, über dem Grabstein neuerlich ein Epitaph anbringen.
Dass der Gesandtenfriedhof noch existiert, ist für Rueß »wie ein kleines Wunder«. Bis 1806 wurden alle zehn innerstädtischen Friedhöfe in der Freien Reichsstadt Regensburg aufgelöst. »Nur der Protestantische blieb stehen.« Bei den Grabmälern handelte es sich um solche von außerordentlichem kunsthistorischen Wert. »Außerdem waren dort Menschen begraben, die im 19. Jahrhundert noch zum höheren deutschen Adel zählten«, sagte Rueß.
Tradition blieb erhalten
Die Stadt war aus hygienischen Gründen gegen Friedhöfe in der Stadt. Sieben Gräber existierten zwar bereits, sie stammten aus dem 30-Jährigen Krieg, als protestantische Offiziere hier ihre Grablege bekamen. Der Stadt gelang es aber nicht, diese Tradition zu unterbrechen, obwohl sie es versuchte und Gebühren einführte, gemauerte Ziegelgräber verlangte, in die Metallsärge gestellt werden sollten.
Auf den Epitaphien finden sich kunstvolle Symbole wie Flammenvasen, ein Phönix aus der Asche oder Engel, die Trompeten blasen. In der Mitte stehen Inschriften, die sich mit der Vita des Gesandten, seiner Ehefrau oder der Anzahl der Kinder befassten oder seine Leistungen als Gesandter auflisteten.
Doch die steinernen Zeugen beginnen zu bröckeln, Umwelteinflüsse setzen ihnen zu. Nach Schätzungen der Gesamtkirchenverwaltung belaufen sich die Restaurierungskosten auf etwa zwei Millionen Euro. Durch die Bestattung von Gesandten aus europäischen Nachbarstaaten sieht Rueß auch die Europäische Union in der Pflicht.