Mit der russischen Invasion in der Ukraine stehen auch Lebensmittelpreise rund um die Welt besonders im Fokus. Die blockierten Weizenlieferungen nach Afrika oder in den Nahen Osten sorgen für Preissprünge bei Fladen und Brot. Das Jungunternehmen HofladenBox aus dem mittelfränkischen Roßtal (Landkreis Fürth) hat zwar für die globale Ernährungskrise keine Lösung parat.
Schub für kleine Wirtschaftskreisläufe
Ganz im Kleinen praktiziert der Betrieb aber sein Gegenrezept: "Die zusammenbrechenden Lieferketten geben kleineren, stabileren Wirtschaftskreisläufen einen Schub", sagt Mareike Schalk, Gründerin und Geschäftsführerin der HofladenBox.
Ihre 2018 mit Mitunternehmerin Birgit Wegner gegründete Firma bringt regional Lebensmittelerzeuger, wie Landwirte, Metzger oder Bäcker, über eine digitale Plattform mit den Verbrauchern zusammen. Für Schalk ist es nicht nur Geschäftsidee, sondern mittlerweile auch eine Vision:
"Wir wollen, dass die Region in der Lage sein wird, sich selbst zu versorgen."
Das sei das Thema der Zukunft. Die Corona-Pandemie mit ihren Lockdowns hat den regionalen Verkauf über die Plattform deutlich beschleunigt.
Keine Zeit, von Hofladen zu Hofladen zu fahren
Als die beiden Frauen die Idee zu ihrer digitalen Hofladen-Plattform haben, geht es ihnen allerdings um die pragmatische Lösung eines anderen Problems. Den jungen, berufstätigen Müttern fehlt die Zeit, von Hofladen zu Hofladen zu fahren, um alle Einkäufe zu erledigen. Ihr Geschäftskonzept kommt bei den Landwirten gut an. Häufig ist eine neue Generation auf den Bauernhöfen offen dafür, ihre Produkte auch zusätzlich online zu verkaufen. Zumal das Konzept der HofladenBox den Erzeugern erlaubt, den Preis selbst festzulegen, um kostendeckend zu arbeiten.
In der Regel liefern die Bauern ihre erntefrischen Waren morgens an, die dann an einem der beiden wöchentlichen Liefertagen zum Kunden gebracht werden. So finden die Waren von rund 60 Erzeugern, darunter Landwirte, Metzgereien, Bäckereien und kleine Manufakturen, mit gut 2.500 Produkten den Weg zu rund 3.000 Privatkunden.
Nachhaltig, regional und fair
In den ersten beiden Jahren hat Schalk auch selbst noch Kisten mit Kartoffeln, Milch oder Öl gepackt. Manchmal musste sie auch ausliefern. Mittlerweile ist das die Aufgabe der rund 25 Mitarbeiter. Die Betriebswirtin kümmert sich um Finanzen, Marketing und die strategische Ausrichtung. Außerdem besucht sie Anbieter auf ihrem Hof oder ihrem Laden, um über Preise, weitere Produkte oder Aktionspakete etwa zu Mutter- oder Vatertag zu sprechen.
Ihr Konzept beschreibt die Mutter zweier kleiner Kinder und Betriebswirtin Schalk als "nachhaltig, regional und fair". Mit nachhaltig meint sie beispielsweise die kurzen Transportwege in der Region. Ohne Zwischenlager und Umverpackungen geht es dann gleich weiter zum Verbraucher, damit finde auch keine "Lebensmittelverschwendung" auf der Handelsseite statt.
95 Prozent der Produkte aus der Region
Ein weiterer Unterschied zur Regionalecke von Supermarkt oder Discounter ist insbesondere die minimierte Logistik. Mareike Schalk kennt Fälle, in denen das Gemüse aus dem Knoblauchsland im Nürnberger Norden erst auf die Reise in ein Zentrallager - "manchmal in einem anderen Bundesland" - geht, bevor es in einem Nürnberger Regal landet.
Auch wenn der Begriff Region nicht klar definiert ist- der Fokus der HofladenBox liegt auf Produkten aus Nürnbergs Nachbar-Landkreis Fürth und den angrenzenden Landkreisen. Diese Produkte machen rund 95 Prozent des Sortiments aus. Nur bei Waren wie Kaffee oder Bananen, die Kunden für den Wocheneinkauf wünschen, importiert Schalk Artikel mit Fairtrade-Siegel.
Bio-Siegel fehlen
Teils fehlen den Landwirten Bio-Siegel. Aber das will die Firmenchefin in der Rolle des digitalen Fachhändlers durch Aufklärungsarbeit überwinden.
"Viele kleine Familienbetriebe bauen zwar nach Biobedingungen an, lassen sich aber aus Kostengründen nicht zertifizieren."
Dafür bietet sie unter anderem Zusatzinfos von den Landwirten, die über ihre Produktionsbedingungen, den Einsatz von Nützlingen statt Insektengift und andere Aspekte berichten. An Grenzen stößt sich allerdings bei der Belieferung von Kantinen in Unternehmen und Behörden, wenn die sich auf einen Bio-Anteil festgelegt haben.
Preise bleiben stabil
Während das Statistische Bundesamt jüngst Preissprünge bei zum Beispiel bei Butter (56 Prozent), Rindfleisch (31 Prozent) oder Schwein (25 Prozent) vermeldete, bleibt Schalk gelassen. Die Butter werde nach wie vor zum stabilen Preis verkauft, bei Rind oder Schwein habe es in den letzten Wochen eine Preissteigerung von maximal fünf Prozent gegeben.
Trotzdem registrieren die HofladenBox und auch andere Direktvermarkter, dass mit der Ukrainekrise wieder verstärkt Grundlebensmittel bei großen Supermarktketten gekauft werden. Der regionale Kreislauf ist allerdings auf den Anbau bei den Landwirten vor Ort und die entsprechende Nachfrage angewiesen. Das macht den Einkauf der Verbraucher schon fast zu einer Art Politikum.