Die Handtücher und Hosen hängen über der Brüstung auf der Empore. Ein Matratzenlager breitet sich neben der Orgel im ersten Stock aus. Hinter dem Altar steht eine Sofalandschaft, auf der gechillt werden kann. Gerade hat es Abendessen im Vorgarten gegeben – selbst gekocht in der Kirchenküche.
Die Tage Anfang Juli in der Kirchen-Wohngemeinschaft haben etwas Improvisiertes. Während die jungen Leute im Alter von 15 bis 24 Jahren noch Käsespätzle und Salat vertilgen, gibt Diakon Sebastian Wartha ein paar Instruktionen zum Aufräumen: "Wenn alle zusammenhelfen, geht es schneller. Außerdem ist es morgens nicht so toll, die schmutzigen Teller vom Abend stehen zu sehen."
Landesbischof besucht Jugendliche in Christuskirche in Landshut
Wer während der Schulzeit nicht im "Hotel Mama und Papa" wohnt, der brauche ein paar Anweisungen, wie Gemeinschaft funktioniert, erklärt Wartha. Außerdem werde in wenigen Minuten der Landesbischof in der Kirche einen Vortrag halten. Und der Eingangsbereich müsse noch gesäubert werden.
Die jungen Leute setzen sich brav in Bewegung. Niklas (16) wohnt zum ersten Mal in einer Kirchen-WG und findet die Erfahrung nicht schlecht. "Es ist ganz gut zu wissen, wie es sein wird, wenn man ganz auf sich allein gestellt ist, ohne Eltern und so", sagt er.
WG-Zeit in der Christuskirche: Mal ohne Dusche
Die meisten sind nicht zum ersten Mal dabei, viele kennen sich schon aus der Konfizeit. Trotzdem ist es auch für Tim (18) eine Umstellung, wenn alle oben gemeinsam auf der Empore schlafen, die Mädels auf der einen, die Buben auf der anderen Seite. "Es ist nicht das eigene kleine Bett, in dem man zu Hause liegt", sagt er. "Man muss sich selbst organisieren und miteinander zurechtkommen."
Das normale Leben, der Alltag gehe aber weiter. Lily schreibt während der WG-Zeit sogar zwei Schulaufgaben. "Damit muss man auch zurechtkommen", sagt sie. Schlafdefizit inklusive – trotz fester Bettgehzeiten. Jakob (16) hat morgen ein Bewerbungsgespräch. Schnell kramt er seine Badesachen zusammen. Duschen in der Kirche: Fehlanzeige. Also geht er ins Schwimmbad, um 20 Uhr werde geschlossen.
"Wenn Kirchenbesucher vorbeischauen, sind wir leise."
Die Jugendlichen haben es sich in der Kirche bequem gemacht. Beim Abspülen wird Musik gehört. Tabea hat WLAN installiert, sodass sie sogar Filme in der Apsis streamen können. Die Jugendlichen nehmen den Kirchenraum in Besitz, als gehörte er ihnen.
Dennoch hätten sie "Respekt vor dem kirchlichen Ort", sagt Joshua. "Wenn Kirchenbesucher vorbeischauen, sind wir leise." Aber nicht jedem gefalle, "was wir hier machen". Passanten hätten schon gesagt: "Das ist doch kein Wohnzimmer, sondern eine Kirche."
Jugendlicher: "Kirche ist ein lebendiger Ort"
Darüber würde Tim gerne diskutieren. "Wenn Jugend das Interesse an Kirche sukzessive verlernt, muss man vielleicht über andere Herangehensweisen nachdenken", sagt er. Für ihn sei Kirche ein lebendiger Ort, "wo man Gemeinschaft erleben kann, wo der Zusammenhalt gestärkt wird, wo man sich Gott ein bisschen näher fühlt als sonst irgendwo".
Da trifft der Referent ein und schaut als Erstes bei den Jugendlichen vorbei. "Hier spürt man gleich die Atmosphäre der Gemeinschaft", sagt er. "Cool!" Dann lässt er sich mit den jungen Leuten fotografieren. "Dass man in Gemeinschaft einen fröhlichen Glauben lebt und Spaß miteinander hat, das ist für mich die Zukunft der Kirche", sagt Bedford-Strohm. Die jungen Leute verfolgen seinen Vortrag von der Empore aus. Keiner verlässt den Kirchenraum.