Lage und Stimmung gemäß Totensonntag

Am Anfang steht der Novemberblues. "Alles gibt es ein letztes Mal", sagt Ulf Schlüter. Der Theologe leitet erstmals die Landessynode der westfälischen Kirche und spricht in seiner Andacht zu Beginn über Vergänglichkeit, sie sei Grundton und Thema dieser Tage.

Gemünzt sind die Worte in erster Linie auf den Totensonntag, sie passen aber auch auf die Lage und Stimmung in der viertgrößten deutschen Landeskirche nur wenige Tage nach dem Rücktritt ihrer leitenden Theologin Annette Kurschus.

Krisenstimmung nach Kurschus-Rücktritt

Doch zum Wundenlecken bleibt dem Kirchenparlament nicht viel Zeit: Auch ohne den Kurschus-Rücktritt von ihren Ämtern als westfälische Präses und als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) treffe man sich zu "einer der schwierigsten Synoden überhaupt", sagt der Theologische Vizepräsident Schlüter zum Auftakt der zweitägigen Beratungen.

Denn im landeskirchlichen Haushalt klafft ein riesiges Loch, der Etat ist nicht genehmigungsfähig und drastische Ausgabenkürzungen und Einschnitte sind unvermeidlich.

Es gibt viel zu bereden bei der am Samstagabend beendeten zweitägigen Synode, die rund zwei Millionen westfälische Protestanten vertritt. Zum Auftakt tauschen sich die knapp 200 Mitglieder des Kirchenparlaments zwei Stunden lang hinter verschlossenen Türen über die jüngsten Ereignisse aus.

Von Wehmut und Abschied wird anschließend berichtet, von einer ruhigen und weitgehend einmütigen Atmosphäre, aber auch von Kritik an der Krisen- und Kommunikationsstrategie sowie internen Konflikten der Kirchenleitung.

Rückblick: Fehler bei der Kommunikation

In einer gemeinsamen Erklärung wird anschließend die langjährige Vorsitzende Kurschus gewürdigt und Aufklärung des mutmaßlichen Missbrauchsfalls im ehemaligen Kirchenkreis Siegen versprochen, der Kurschus zu Fall brachte - sie hatte enge Kontakte zum Beschuldigten.

Es hätte frühzeitig offensiv, wahrhaftig und offen kommuniziert werden sollen, sagt Schlüter im Rückblick. Erst unmittelbar vor der EKD-Synode am 11. November war der innerkirchlich schon seit März bekannte Fall durch die "Siegener Zeitung" öffentlich geworden.

"Wir sind neben der Spur"

Nach der Aussprache und angesichts der gewaltigen Herausforderungen der Landeskirche gelingt im Laufe der Synode offenbar der grundsätzliche Schulterschluss von Kirchenleitung und Landessynode.

"Derzeit ist es auf unserer Baustelle erst mal düster, wir vermissen unsere theologische Meisterin Annette Kurschus", sagt der leitende Jurist und Finanzchef Arne Kupke.

Und fügt hinzu: "So hart das ist, der Bau geht weiter." Kupke verspricht einen "neuen Ansatz des Miteinanders", um die Lage zu meistern.

An seiner Person zeigt sich, dass die Turbulenzen der letzten Zeit ihre Spuren hinterlassen haben und die Nerven teilweise noch blank liegen: Der Finanzdezernent wird zwar für weitere acht Jahre als Juristischer Vizepräsident bestätigt. Bei seiner Wahl erhält der 53-Jährige allerdings lediglich 57 Prozent der Stimmen.

Zuvor wird ein Antrag abgelehnt, die Wahl zu verschieben. Mehrere Synodale sagen, es falle ihnen schwer, in der aktuellen komplexen Lage eine Entscheidung zu treffen.

"Wir sind neben der Spur", formuliert eine Pfarrerin. Das Motto für die Wahl dürfe nicht sein "Augen zu und durch".

Blick nach vorne: Haushalt, IT-Projekte

Nach der Wahl wendet sich die Synode wieder den nüchternen Aufgaben zu, die nur mit großer Kraftanstrengung bewältigt werden können.

Vor allem muss der Haushalt konsolidiert werden, zudem soll das zentrale IT-Projekt der Landeskirche neu aufgesetzt werden.

Am Ende herrscht Erleichterung, dass man weiter gemeinsam vorangehen will. Schlüter zeigt sich dankbar, dass die Synodalen die Beratungen mitgetragen und mitgestaltet, "vielleicht manchmal auch ausgehalten" haben.

Die Synode klatscht ihm kräftig und lange Beifall. Er sei optimistisch und zuversichtlich, dass der Weg in die Zukunft gelingen werde, sagt Schlüter.

"Wenn wir als Synode und als Kirchenleitung so miteinander unterwegs bleiben und umgehen."

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