Insgesamt 13 evangelische und katholische Klinikseelsorger teilen sich den Dienst. Sie sind rund um die Uhr erreichbar, auch am Wochenende und am Feiertag. Die Statistik des ersten Jahrs belegt laut Pfarrer Jürgen Floß, der die Uniklinik-Seelsorge leitet, wie gut der Dienst angenommen wird: »Wir waren 2016 rund 650 Mal im Einsatz.« 150 Mal wurden er und seine Kollegen in der Nacht gerufen, 180 Mal am Wochenende und 300 Mal am Tag. In 50 Prozent der Fälle ging es um Sterben und Tod.
Die Anlässe könnten unterschiedlicher nicht sein. Ein Kind auf der Frühchenstation erkrankt so schwer, dass alle Lebenserhaltungsversuche aufgegeben und die Geräte abgeschaltet werden müssen. Ein Patient vor einer schweren Operation möchte sich die Ängste von der Seele reden. Jeder Einsatz stellt das Seelsorgeteam vor eine neue Herausforderung.
Erste Hilfe für die Psyche
Je nachdem, welchen Stellenumfang sie in der regulären Krankenhausseelsorge haben, übernehmen die Mitglieder der Rufbereitschaft unterschiedlich viele Bereitschaftsdienste. Klingelt das Telefon, machen sie sich von zu Hause aus auf den Weg – ohne zu wissen, ob sie ein katholischer, evangelischer oder konfessionsloser Patient erwartet.
»Der Bereitschaftsseelsorger geht als First Responder zu dem Patienten oder Angehörigen«, sagt Floß. Er soll sozusagen seelsorgerlich Erste Hilfe leisten: »Also mit der nötigen Sensibilität hinschauen, hinhören, mit dem Patienten oder Angehörigen sprechen und vor allem da sein.« Nicht selten sei es so, dass der Seelsorger genau der Richtige für diesen Menschen oder seine Angehörigen ist – auch wenn er eine andere Konfession hat. »Nein, Sie müssen niemanden anderes rufen. Können Sie bitte beten, einen Segen sprechen?«, heißt es dann.
Konfessioneller Hintergrunddienst steht bereit
Sicher kann man es als einen Fortschritt der Ökumene festhalten: Die Zeiten, in denen eine unüberwindliche Aversion gegen Theologen der anderen Konfession herrschte, sind vorbei, auch in der Provinz. Denn immerhin hat die Würzburger Uniklinik mit ihren 27 Fachabteilungen und 1.430 Betten Patienten aus ganz Unterfranken und darüber hinaus.
Floß: »Es kann, aber muss nicht sein, dass sich im Gespräch herausstellt, wie groß und wichtig der Wunsch ist, einen Vertreter der eigenen Konfession in dieser Notlage in Anspruch nehmen zu können.« Dann wird dieses Anliegen an den konfessionellen Hintergrunddienst weitergegeben. Dem ist es in der Regel möglich, einen Seelsorger der erbetenen Konfession zu schicken.
»Wir halten die Situation einfach nur mit aus.«
Floß’ katholische Kollegin Marion Mack, die halbtags als Klinikseelsorgerin arbeitet, ist meist zweimal im Monat nachts erreichbar. Neulich wurde sie auf die Intensivstation gerufen, wo eine Patientin Anfang 50 im Sterben lag. Ihre beiden Töchter waren bei ihr. Beide hatten eine leichte geistige Behinderung, weshalb die Pflegekräfte nicht einschätzen konnten, ob sie mit der existenziellen Situation am Krankenbett würden umgehen können.
Klinikseelsorger schauen stets, was in der jeweiligen Situation zu tun ist. Das ist immer anders. Manchmal, sagt Mack, ist »nichts« zu tun: »Sondern wir halten die Situation einfach nur mit aus«. Manchmal singen die Seelsorger mit einem Patienten oder den Angehörigen: »Das muss auch kein frommes Lied sein.«
Im Fall der behinderten Töchter bot sich eine gemeinsame Segnung der Sterbenden an: »Die zwei nahmen von mir Öl, salbten damit ihre Mutter und streichelten sie.«