Herr Beck, was hat Sie nach sechs Jahren in Paris an Augsburg gereizt?

Martin Beck: Ich habe im April des vergangenen Jahres mit meiner Pariser Gemeinde eine Studienfahrt unter dem Motto "Luther 2017" unternommen. Augsburg hat mir sehr gut gefallen: die Stadt, das historische Erbe der Reformation und der Annahof als evangelisches Zentrum. Als dann die Stelle ausgeschrieben war, habe ich mich beworben – und es hat zu meiner Freude auch geklappt.

 

Sie waren zuvor Gemeindepfarrer. Was hat Sie zum Wechsel in die Erwachsenenbildung bewogen?

Beck: Das hat mit meiner universitären Vergangenheit zu tun. Ich habe vor und nach dem Vikariat insgesamt neun Jahre an der Uni in Erlangen-Nürnberg gearbeitet, dort promoviert und habilitiert, Seminare und Vorlesungen gehalten. Auch in der Gemeindearbeit hatte ich immer große Freude an Veranstaltungen, die mit Bildung zu tun hatten, etwa Studienreisen. Ich denke, dass man gerade über Bildungsangebote die biblische Botschaft gut ins Gespräch bringen kann – und in die Herzen der Menschen.

 

Worin sehen Sie die Hauptaufgabe evangelischer Bildungsarbeit?

Beck: Generell sollte Bildungsarbeit darauf abzielen, ein lebenslanges Lernen zu ermöglichen. Gerade evangelische Bildungsarbeit sollte dabei immer auch den ganzen Menschen sehen. Wir bieten Bildung nicht nur für den Kopf, den Intellekt. Wir wollen auch lebenspraktische Fähigkeiten ansprechen, Herz und Gefühl und die innere Einstellung eines Menschen.

 

Wo sehen Sie dann die Schwerpunkte der Bildungsarbeit?

Beck: Unsere Schwerpunkte liegen natürlich in den Bereichen Religion und Spiritualität. Sinnfragen sind ebenso ein Schwerpunkt unserer Arbeit wie Beziehungsfragen: Wie kommen Frauen und Männer miteinander zurecht, wie wir mit uns selbst? Darüber hinaus sollte evangelische Bildungsarbeit immer wieder auch gesellschaftliche Fragen ansprechen. Schließlich leben wir als Christenmenschen mitten in dieser Welt, Gottes Schöpfung.

 

Wir leben in einer Zeit, in der Kirche immer wieder Position beziehen muss, etwa bei der Flüchtlingsfrage. Gilt das auch für die Bildungsarbeit?

Beck: Ja, und zwar im Sinne einer Werteorientierung. Unsere Aufgabe ist es, das Nachdenken und den Dialog über die Haltung anzuregen, die uns als Christen auszeichnet. Hier geht es um grundsätzliche Fragen wie: Was bedeutet für mich Nächstenliebe? Was bedeutet für mich Toleranz und Religionsfreiheit? Wie begegnen wir Menschen anderer Kulturen? "Mutig bekennen und friedlich streiten", so wie es das Motto der Friedensstadt Augsburg für das Jahr 2017 formuliert.

 

Sie sind Bibelwissenschaftler. Welche Rolle sollte die evangelische Bildungsarbeit der Bibel beimessen?

Beck: Die Bibel birgt einen reichhaltigen Schatz an Daseins- und Handlungsorientierung. Es lohnt sich, ihn einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Ich könnte mir vorstellen, künftig verstärkt Angebote zum Verständnis und zur gegenwärtigen Relevanz der Bibel zu machen. In das neue Programm haben wir vier Vorträge aufgenommen, die sich mit der Entstehung, der Geschichte und den Inhalten der Bibel beschäftigen. Sie ergänzen die Bibel-Ausstellung "Unser Buch", die im Rahmen der 500-jährigen Reformationsfeier in Augsburg gezeigt wird.

Zur Person

Martin Beck stammt aus Würzburg. Er studierte Theologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Dort promovierte und habilitierte er auch. Der 49-Jährige war Pfarrer in Lautertal im Dekanat Coburg. Zusammen mit seiner Frau Gesine arbeitete er sechs Jahre lang an der deutschen evangelischen Christuskirche in Paris. Seine Frau wird zum 1. Juli 2017 nach Augsburg wechseln. Sie übernimmt dann die erste Pfarrstelle in der Augsburger Barfüßerkirche. Martin Beck hat dort neben seiner Tätigkeit als Leiter des Evangelischen Forums Annahof, die zweite Pfarrstelle inne.