Der von vielen befürchtete Pflegenotstand ist nach Auffassung des scheidenden bayerischen Diakonie-Präsidenten Michael Bammessel längst Realität: Auch Diakonie-Einrichtungen müssten etwa in der ambulanten Pflege nicht nur neue Anträge ablehnen, "sondern sogar bestehende Verträge mit Patientinnen und Patienten kündigen", sagte der evangelische Pfarrer dem Sonntagsblatt. In Unterfranken habe man eine Diakoniestation zum Beispiel wegen des Fachkräftemangels bereits dauerhaft schließen müssen, erläuterte er.

Pflege seit mehr als zehn Jahren "Megathema"

Pflege sei seit mehr als zehn Jahren ein Megathema, sagte Bammessel. "Aber den politischen Willen, das große Rad zu drehen, den kann ich einfach nicht erkennen." Im Bundestagswahlkampf sei Pflege wieder einmal nur ein Randthema gewesen. Dass der große Wurf möglich wäre, das habe man in den vergangenen Jahren und Tagen bei anderen Themen gesehen, beklagte der Diakonie-Präsident. In der Corona-Pandemie seien schließlich Rettungspakete in enormen Höhen für die Wirtschaft geschnürt und seit Beginn des Ukraine-Krieges viele Milliarden für die Verteidigung angekündigt worden.

Es mache ihn "einigermaßen ratlos", dass der Ernst der Lage "bislang gesellschaftlich und politisch so wenig realisiert wird". Mit mehr Gehalt für die Pflegekräfte alleine lasse sich das Problem jedoch nicht lösen, ist der Theologe überzeugt.

Die einzige Lösung sei eine

"noch wesentlich stärkere und in verantwortungsvoller Weise durchgeführte Anwerbung von Menschen aus dem Ausland".

Natürlich nicht aus Ländern, die selbst Fachkräftemangel haben und nur mit Begleitmaßnahmen, was Sprache und Ausbildung angehe. Es gebe im Ausland viele Arbeitskräfte, die nach Deutschland wollen.

Bammessel geht, Sabine Weingärtner kommt

Bammessel ist seit März 2011 Präsident und erster Vorsitzender des Vorstands des Diakonischen Werkes Bayern. Ende März geht der evangelische Pfarrer nun in den Ruhestand, erstmals übernimmt mit Pfarrerin Sabine Weingärtner eine Frau das Präsidentenamt des evangelischen Sozialverbands.

Das ganze Gespräch mit Michael Bammessel lesen Sie am morgigen Samstag auf unserer Seite.