München (epd). Die bayerische Staatsregierung plant in ihrem neuen Energiekonzept Ausnahmen bei der sogenannten 10H-Regel für Windkraftanlagen. Der Grundsatz, dass ein Windrad das Zehnfache seiner Höhe von der nächsten Wohnbebauung sein muss, soll zwar bestehen bleiben, sagte Bayerns Markus Söder (CSU) am Dienstag nach der Kabinettssitzung. Doch es soll künftig einige Ausnahmen mit Mindestabständen von 1.000 Metern geben. Umweltschützer halten das für nicht ausreichend.

Söder sagte, Ausnahmen seien etwa in "vorbelasteten Gebieten" an Autobahnen, mehrspurigen Bundesstraßen und Eisenbahnen, Waldgebieten sowie rund um Industrie- und Gewerbegebiete möglich. "Wir sind keine Gegner der Windkraft, aber wir wollen es mit den Bürgern machen", sagte Söder. Insgesamt sieht das neue bayerische Energiekonzept vor, dass perspektivisch rund zwei Prozent der Fläche Bayerns für Windenergie genutzt werden sollen; aktuell seien es 0,7 Prozent.

Richard Mergner, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern (BN), hält die nun beschlossenen Maßnahmen für nicht ausreichend: "Wir brauchen die Abschaffung der 10H-Windverhinderungsregel und eine Solarpflicht bei allen Neu- und Umbauten." Ohne ein ambitioniertes Energiesparprogramm sei selbst mit den geplanten Ausbauzielen für Erneuerbare Energien nur 40 Prozent der in Bayern benötigten Energie klimaneutral, sagte er. Man fordere "höhere Ziele und schnelle Umsetzung".

Der Landesbund für Vogelschutz in Bayern beurteilte das Energiekonzept ebenfalls als unzureichend. "Der riesige Schub in der Energiewende, den Markus Söder versprochen hat, blieb mit den heute vorgestellten Maßnahmen aus", sagte der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer. Es sei allerdings gut, dass es Ausnahmen von der 10H-Regel geben soll. Die festgelegten Vorranggebiete müssten jedoch noch mit Blick auf windkraftsensible Vogel- und Fledermausarten überprüft werden, hieß es.

Der Energiebedarf in Bayern wird in den nächsten Jahren weiter steigen, sagte der Ministerpräsident und erneuerte seine Forderung, den Ausstieg aus der Kernenergie zu verschieben. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre er "unvernünftig", erläuterte Söder. BN-Energiereferent Michael Remy entgegnete, dass Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke keinen substanziellen Beitrag zur Energiekrise lieferten: "Die Gefahr, die von dieser unsicheren Technologie ausgeht, ist bedeutend schwerwiegender."

Das neue Energiekonzept sieht laut Söder einen "massiven Ausbau" der Erneuerbaren Energien in Bayern vor; bis 2030 soll ihre Erzeugung im Freistaat verdoppelt werden. Wichtig seien außerdem ein Anschluss Bayerns an das europäische Wasserstoffnetz sowie der Ausbau des Stromnetzes für den Energieimport aus den anderen Bundesländern.