München (epd). Bei einer voraussichtlich länger als sechs Monate dauernden Krankheit eines volljährigen Auszubildenden geht der Kindergeldanspruch verloren. Nur wenn eine schnellere Genesung möglich erscheint, kann weiter Kindergeld gezahlt werden, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil. Dauere die Erkrankung länger, komme allenfalls ein Kindergeldanspruch wegen des Vorliegens einer Behinderung in Betracht, entschieden die Münchner Finanzrichter. (AZ: III R 43/20)

Im Streitfall ging es um einen volljährigen Auszubildenden, der im September 2018 während seiner Arbeit einen schweren Unfall mit Schädelbasisbruch und Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte. Es folgten mehrere Krankenhausaufenthalte und Reha-Maßnahmen, von denen die letzte 17 Monate nach dem Unfall begann. Die Familienkasse ging von einer zu langen Unterbrechung der Ausbildung aus und stoppte die Kindergeldzahlung an die Mutter.

Das Finanzgericht Münster sprach der Klägerin Kindergeld für die ersten acht Monate nach dem Unfall zu. Das Ausbildungsverhältnis habe fortbestanden, die Ausbildung habe der Azubi auch beenden wollen.

Der BFH hob dieses Urteil auf. Nur wenn eine Ausbildung wegen einer vorübergehenden Erkrankung unterbrochen wurde, bestehe der Kindergeldanspruch fort. Werde die Erkrankung voraussichtlich länger als sechs Monate andauern, könne das in Ausbildung befindliche Kind nicht mehr beim Kindergeld berücksichtigt werden.

Sei von einem besonders langwierigen Heilungsprozess auszugehen, komme ein Kindergeldanspruch nur noch wegen des Vorliegens einer Behinderung in Betracht. Im konkreten Fall müsse das Finanzgericht nun prüfen, ob in den ersten Monaten nach dem Unfall mit hoher Wahrscheinlichkeit ein langwieriger, länger als sechs Monate dauernder Heilungsprozess abzusehen war.