München (epd). Das bayerische Kabinett hat am Dienstag in seiner Kabinettssitzung das knapp hundertseitige Gesamtkonzept "Jüdisches Leben und Bekämpfung des Antisemitismus" auf den Weg gebracht. Ziel des Gesamtkonzeptes ist es laut Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler), alle Beteiligten, die sich bereits für jüdisches Leben einsetzen und sich gegen Antisemitismus engagieren, zusammenzuführen. Dazu soll auch eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt werden, an deren Sitzungen auch Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern teilnehmen sollen.

Piazolo erinnerte daran, dass die Zahl der antisemitischen Vorfälle im vergangenen Jahr um 80 Prozent gegenüber 2020 gestiegen sei. Auch habe es mehr antisemitisch motivierte Straftaten im Freistaat gegeben. Mit dem Gesamtkonzept wolle man auch ein "Signal für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus" senden - und zugleich den Blick weiten, sagte der Minister. Das seit 1.700 Jahren bestehende jüdische Leben in Deutschland bestehe nicht nur aus dem Holocaust und der NS-Zeit. Gleichwohl bleibe das Gedenken an die jüdischen Opfer weiterhin zentral und wichtig.

Das bayerische Justizministerium teilte parallel zur Kabinetts-Pressekonferenz neue Zahlen zu antijüdischen Straftaten bundesweit mit. Im Jahr 2021 verzeichneten die Behörden 3.027 solcher Straftaten - und damit einen neuen Höchststand. Gegenüber 2.351 antisemitischen Straftaten im Jahr 2020 ist das ein Anstieg von 30 Prozent bundesweit. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU), der aktuell Vorsitzender der Justizministerkonferenz von Bund und Ländern ist, sagte dazu: "Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, alles für den Schutz des jüdischen Lebens in Deutschland zu tun."

Kultusminister Piazolo kündigte unterdessen ein Online-Portal an, das die bestehenden Angebote zur Förderung des jüdischen Lebens in Bayern vernetzen und Wege im Kampf gegen Antisemitismus aufzeigen soll. Ein ähnliches Portal gibt es bereits für die Schulen in Bayern. Analog zu dort sollen in dem neuen Portal auch Materialien und Best-Practice-Beispiele zur Verfügung gestellt werden. An der Kabinettssitzung hatte unter anderem auch der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, der Würzburger Josef Schuster, teilgenommen.