München (epd). Wie ist die Lage an Bayerns Schulen? Während Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) die Meinung vertritt, der Lehrermangel sei gar nicht so drastisch, wie es im Einzelfall scheinen mag, warnt die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Simone Fleischmann, die Landespolitik im Wahljahr vor "Schönrechnerei". Fleischmann sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag, es sei "alles eine Frage der Definition". Wenn Lehrermangel nur mit Unterrichtsausfall gleichgesetzt werde, sei die Lage natürlich sehr viel besser als wenn man sich frage, ob auch Fachkräfte vor den Klassen stehen.

Kultusminister Piazolo hatte in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag gesagt: "Momentan sind in allen Regierungsbezirken noch freie mobile Reserven vorhanden." Dabei handele es sich um Springerkräfte, die bei Bedarf etwa in Schulen mit hohem Krankenstand geschickt werden können. Dieses Frühjahr seien 5.000 Lehrkräfte weniger abwesend gewesen als im Vorjahr. Ursache dafür seien etwa niedrigere Krankenstände und die Rückkehr von Schwangeren nach Corona in den Präsenzunterricht. In dieser Wahlperiode habe die Koalition aus CSU und Freien Wählern rund 6.000 neue Lehrerstellen geschaffen.

BLLV-Präsidentin Fleischmann sagte, die Aussagen und Zahlen des Ministers seien zwar nicht falsch, "aber doch eine Null-Aussage". Denn pro Regierungsbezirk gebe es zahlreiche Schulamtsbezirke - doch könnten Lehrkräfte in der mobilen Reserve nicht einfach über Schulamtsgrenzen hinaus eingesetzt werden: "Es gibt etliche Schulräte, die ihren Schulleitungen schon vor Monaten schriftlich mitgeteilt haben, sie bräuchten im laufenden Schuljahr nicht mehr nach Krankheitsvertretungen über die mobile Reserven zu fragen." Darüber hinaus bedeute das Schaffen von Stellen erst einmal gar nichts, "weil ich ja auch Köpfe brauche, die sie dann besetzen".

Piazolo sagte, der Lehrkräftemangel sei "nichts anderes als ein Fachkräftemangel", und diese Mangel-Situation werde noch dauern, bis alle Gegenmaßnahmen greifen. Zu diesen Maßnahmen gehört auch die umstrittene 3.000-Euro-Regionalprämie, die der Freistaat allen neuen oder wechselnden Lehrkräften zahlen will, die sich in besonderen Mangel-Regionen niederlassen. In vielen anderen Ländern würden "ähnliche Dinge gemacht." Die Staatsregierung sei mit ihren Prämien-Plänen nur offensiv umgegangen. Es sei doch "völlig normal", dass die Bundesländer beim Wettbewerb ums beste Personal "auch in gewisser Konkurrenz" zueinander stünden.

Laut Berechnungen des BLLV haben zu Beginn dieses Schuljahres 4.000 Lehrkräfte in Bayern gefehlt, schon seit Jahren warne man vor dem Lehrkräftemangel. "Wir sind jahrelang von der Regierung belächelt worden", sagte Fleischmann. Jetzt, wo ausgerechnet im Landtagswahljahr die Auswirkungen des Lehrkräftemangels "ganz offensichtlich" werden, entdeckten die Politiker der Regierungsfraktionen die Bildungspolitik für sich. "Aber es wurde in den vergangenen Jahren einfach so vieles verschlafen: Man hätte über Bedarf einstellen müssen", sagte Fleischmann. Ab 2025 drohten dann auch an den Gymnasien große Personalengpässe.

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