Der Zweitklässler Luca hockt neben seinem eigenen kleinen Beet auf dem Acker der Martin-Luther-Schule in Nürnberg. Gerade hat er freudig entdeckt, dass die ersten Früchte seiner Erdbeerpflanze rot werden. Es fällt ihm sichtlich schwer, sie nicht jetzt schon zu ernten. "Die brauchen noch ein bisschen", erklärt ihm Lehrerin Edith Klose. Dafür darf der Bub aber das ganze Beet kräftig gießen.
Ackerschule in Nürnberg bietet 200 Quadratmeter Anbaufläche
Luca ist eins von 30 Kindern zwischen 6 und 12 Jahren, die beim Projekt "Ackerschule" mitmachen. Den Lehrkräften rund um Edith Klose ist es wichtig, den Kindern zu zeigen, wo Obst und Gemüse herkommen. "Viele unserer Kinder haben keinen eigenen Garten zu Hause und auch noch nie erlebt, wie das Gemüse wächst. Viele Kinder kennen auch keine Radieschen mehr oder sie wissen nicht, wann Erdbeeren reif sind. Und ich glaube es ist für die Kinder ganz wichtig, das hier zu beobachten."
Zwei Äcker mit insgesamt 100 Quadratmetern wurden dafür auf dem Schulgelände angelegt und zusammen mit den Kindern bepflanzt. Mindestens an zwei Tagen pro Woche kümmern sie sich um Tomaten, Mais, Salat, Gurken, Radieschen und noch einiges mehr. Zusätzlich zu den Gemeinschaftsflächen konnten die Kinder auch eigene Bereiche aussuchen und so anlegen, wie sie wollten. Das schafft Verantwortungsbewusstsein. Luca ist sehr stolz auf sein eigenes Beet: "Schauen wir mal, ob mein Salat auch so gut wächst wie die Erdbeeren."
Ackerschulen initiiert von Berliner Verein Ackerdemia
Initiiert wurde das Projekt vom Verein Ackerdemia aus Berlin. Unter dem Titel "GemüseAckerdemie" unterstützt er Kitas und Schulen beim Anlegen eigener Äcker und Beete. "30 Prozent unserer Lebensmittel werden weggeworfen, bei Obst und Gemüse ist es noch mehr. Viele Menschen haben heutzutage einfach den Bezug zur Natur verloren. Und genau da wollen wir ansetzen", erklärt Agrarwissenschaftler und Gründer Christoph Schmitz auf der Vereinsseite.
Die Wertschätzung für die Natur sollen am besten schon die Kleinsten lernen. Weil es für Lehrkräfte aber sehr aufwendig ist, einen eigenen Schulgarten zu organisieren, gibt es Beratung und aktive Unterstützung vom Verein. Bei Edith Klose war die sehr willkommen: "Wir haben von der Ackerdemie die Pflanzen bekommen, Online-Schulungen und sie haben sogar unseren Boden vor Ort untersucht, ob die Qualität für den Acker passt." Dazu gibt es Infobroschüren und Lehrmaterial. Deutschlandweit machen schon mehr als 800 Schulen und Kitas mit.
Was die Kinder beim Gärtnern lernen
Die Kinder der Martin-Luther-Schule lernen auf dem Acker nicht nur, wie Blüten, Blätter und Früchte der Pflanzen aussehen, sondern auch, wie man sie pflegen muss. Johanna aus der dritten Klasse hat zwei Lieblingsaufgaben: gießen und die Erde auflockern. Obwohl sie schon vorher wusste, wo Gemüse herkommt, hat sie bei der Ackerschule etwas Neues gelernt: "Ich wusste nicht, dass man in das Pflanzloch zuerst Wasser reingießt. Sonst weiß die Pflanze nämlich nicht, dass die Wurzeln nach unten wachsen sollen."
Überstunden auf dem Acker gibt es keine für Edith Klose und die anderen Lehrkräfte. "Manchmal erledigen wir nachmittags noch schnell was, aber das Ziel ist, alles mit den Kindern zusammen zu machen. Vor allem die Ernte: Nicht die Lehrer schneiden den Salat ab, das machen die Kinder selbst und nehmen ihn mit nach Hause." Im Herbst soll es zur großen Ernte dann ein Fest zusammen mit den Eltern geben.