Seit fast 30 Jahren feiern Menschen an der Donau bei Niederalteich Flusssegnungen nach orthodoxem Ritus. Dabei werfen sie am 8. Januar dreimal ein Holzkreuz in den Fluss. Sie segnen so den Strom, der seit Menschengedenken ihre Lebensader war, und beten für die Natur. Bei der ersten Donausegnung im Januar 1994 kamen fast 1000 Menschen, um diesen Ritus zu begleiten. Im Lauf der Jahre folgten weitere Flusssegnungen an Isar, Inn, Ilz und Salzach. Auch dort wird für die Bewahrung der Schöpfung gebetet.

Flusssegnungen vor 30 Jahren als politisches Signal

In Niederalteich waren die Donaugebete vor fast 30 Jahren ein starkes Signal in der politischen Auseinandersetzung um den Erhalt des letzten frei fließenden Flussabschnitts zwischen Straubing und Vilshofen. Die Mehrheit der Bürger war gegen den Donauausbau, gegen Staustufe und Kanal. Deshalb nahmen Christen aller Konfessionen und auch Nichtchristen die Donau ins Gebet und suchten nach Wegen, das Geheimnis des Strömenden auf den letzten 70 Kilometern naturbelassener Donau nicht anzutasten.

Benediktinerpater wird zur Ikone des Widerstands

Jedes Jahr, wenn der damalige Abt und Benediktinerpater von Niederalteich, Emmanuel Jungclaussen (1927-2018), zu den Donausegnungen rief, kamen sie in Scharen. So wurde er zur Ikone des Widerstands gegen den geplanten Donauausbau. Für den Benediktinerpater war das Strömende ein Sinnbild des Lebens und der Schöpfung, "der Stau aber ist der Tod", sagte er. Dass die politische Auseinandersetzung theologisch durchdrungen wurde, verdanke die ökumenische Bewegung dem Abt, erinnert sich Marlis Thalhammer vom Aktionskreis "Lebendige Donau".

Auch Landesbischof Bedford-Strohm setzt vor 10 Jahren klares Signal für Umweltschutz

Erst zehn Jahre ist es her, dass der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm bei der Donausegnung im Januar 2013, sechs Wochen vor der Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung für den sanften Donauausbau ohne Stauhaltung, ein klares Signal der Kirche für die Bewahrung des Donauabschnitts setzte. "Das Glück der Menschen liegt nicht in der Bemächtigung der Natur, sondern in der Verantwortung gegenüber der Natur", sagte Bedford-Strohm damals. Im Februar darauf erklärte die Bayerische Staatsregierung ihren Verzicht.

Buch von zwei Aktionskreisen liefert allerlei Hintergrundinformation

Nachzulesen ist dies im Buch "Das Geheimnis des Strömenden - Liebeserklärung an die frei fließende Donau", das vom Aktionskreis "Lebendige Donau" und den "Freundinnen der Donau" Ende 2022 herausgegeben wurde. Darin wird der Einsatz um die Donau zwischen Kampf und Kontemplation nachgezeichnet. Es fasst in Wort und Bild zusammen, wie die Menschen dem Auftrag, der Schöpfung zu dienen, nachgekommen sind. Sie haben seit 1994 in Hunderten von Aktionen gezeigt, dass der Kampf gegen weltweite Armut und Umweltzerstörung bei jedem und jeder vor der Haustür beginnt. Zur Präsentation des Buches schickte der Landesbischof eine Grußbotschaft. Darin gab er seiner Hoffnung Ausdruck, "dass das Beispiel des Donaugebets auch bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Erderwärmung Schule macht. Hoffnung ist die größte Triebkraft für Veränderung."

Donausegnung in diesem Jahr mit Pfarrer der ersten Stunde

Bei der 30. Donausegnung in Niederalteich am 8. Januar (17 Uhr) wird Norbert Stapfer die Predigt halten. Er war als Pfarrer bei der ersten Donausegnung dabei. "Das Engagement hat sich gelohnt. Das Kreuz hat gesiegt. Die Donau wurde nicht ausgebaut", erinnert er sich. Die Proteste an der Donau seien "Teilnahme in Verantwortung um die Welt", erläutert er. "Die Gebete seit 30 Jahren haben uns gestärkt."

Donaugebete auch heute noch mit wichtigem Anliegen

Bis heute scheinen die Donaugebete nichts von ihrer Anziehungskraft verloren zu haben. Die Bedrohung der Schöpfung, vor allem durch den Klimawandel, sei besorgniserregend, sagt Elfriede-Maria Heining vom Aktionskreis. Aktuell versuche man, die Klimaneutralität als Ziel klar in den Blick zu nehmen.

In München muss Flusssegnung dieses Jahr entfallen

Auch in München wird seit dem Jahr 2000 die "Große Wasserweihe" von der griechisch-orthodoxen Gemeinde gefeiert. Weil die Ludwigsbrücke gesperrt ist, fällt sie aber heuer aus, sagt Erzpriester Ioannis Minas. Von dort aus wird sonst das Kreuz in die Isar gelassen.

Flusssegnungen haben Ursprung in der orthodoxen Kirche

Die Flusssegnungen gehen zurück auf einen Ritus der orthodoxen Kirche, die alljährlich an Epiphanias (6. Januar) an die Taufe Jesu im Jordan erinnert. In allen orthodoxen Kirchen wird an diesem Feiertag eine Segnung des Wassers zelebriert.

Informationen zu den Segnungen

Am 8. Januar wird in Regensburg zum 10. Mal um 16 Uhr die Donau gesegnet. Die Flusssegnung in Fischhaus an der Ilz wird ebenfalls um 16 Uhr gefeiert.

In Burghausen wird seit 2020 die Salzach gesegnet, heuer am 15. Januar um 13 Uhr.

Simbach am Inn begeht seine Flusssegnung am 1. September 2023, am sogenannten Schöpfungstag.