Die AfD steht derzeit im politischen Raum wie ein polternder Elefant, der gezielt das Porzellan zerschlägt, das jahrzehntelang zum festen Inventar der Bundesrepublik zählte: Weltoffenheit, Rechtsstaatlichkeit, Achtung von Minderheiten und eine lebendige demokratische Streitkultur. Dass eine Partei, die offen mit völkischem Denken, autoritären Fantasien und einer kalkulierten Strategie der Tabuverschiebung agiert, in manchen Bundesländern über 30 Prozent Zustimmung erhält, ist für mich zutiefst beunruhigend.
Auch diejenigen, die sagen: "Lass die doch mal machen, schlimmer kann es nicht werden", tragen zur Normalisierung bei – zur Mentalität des "so schlimm sind die gar nicht". Doch gerade das darf nicht dazu führen, dass wir unsere demokratischen Prinzipien über Bord werfen – etwa durch ein Parteiverbot.
Warum ein Parteiverbot politisch gefährlich wäre
Ich bin ein entschiedener Gegner der AfD. Ihre Rhetorik, ihre Netzwerke, ihre Ideologie – all das ist Gift für ein demokratisches, pluralistisches Gemeinwesen. Ebenso entschieden lehne ich jedoch ein Verbot der Partei ab. Nicht, weil ich ihre Inhalte für ungefährlich hielte, sondern weil ich die Idee einer offenen Gesellschaft verteidige – gerade auch gegenüber ihren Feinden.
Ein Parteiverbot wäre ein politischer Kurzschluss. Juristisch mag es unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein. Politisch aber wäre es ein Eigentor. Man würde der AfD die Märtyrerrolle auf dem Silbertablett servieren, sie zur angeblich "verbotenen Stimme der Wahrheit" verklären und ihre Erzählung vom "Regime" befeuern. In einer Zeit, in der das Vertrauen in Medien und Institutionen ohnehin erodiert, wäre das Wasser auf die Mühlen aller Verschwörungsgläubigen.
Man kann eine Partei auch inhaltlich entlarven – und man muss es sogar. Demokratie lebt nicht davon, dass Andersdenkende mundtot gemacht werden, sondern davon, dass man sie überzeugend widerlegt. Dass man zeigt: Wir haben bessere Ideen. Wir vertreten ein Weltbild, das nicht auf Angst und Abgrenzung basiert, sondern auf Respekt, Würde und Freiheit.
Die gefährliche Illusion der "Entzauberung"
Ich halte nichts von "stramm rechts". Nicht, weil ich "linksgrün versifft" wäre oder die politische Mitte verloren hätte – sondern weil ich aus der Geschichte gelernt habe, was passiert, wenn nationalistische, autoritäre Kräfte Regierungsverantwortung übernehmen. Wer glaubt, man könne sie dort entzaubern, unterschätzt den Sog der Macht und den Schaden, den sie anrichten können – durch Personalpolitik, durch die Umwidmung öffentlicher Mittel, durch die Aushöhlung rechtsstaatlicher Prinzipien. Die AfD will nicht einfach mitregieren. Sie will die Spielregeln verändern. Und wer das ignoriert, spielt mit dem Feuer.
Boris Palmer sagte kürzlich, "stramm rechts" sei "nicht verboten", sondern eine legitime politische Haltung. Das mag formal korrekt sein – aber es ist zugleich eine gefährlich naive Verharmlosung. Denn stramm rechts bedeutet in der politischen Realität: autoritär, chauvinistisch, demokratiefern. Genau das erleben wir bei vielen AfD-Politikerinnen und -Politikern – ob im Bundestag, in Landtagen oder auf kommunaler Ebene. Wer das unter dem Deckmantel demokratischer Normalität duldet, riskiert die schleichende Aushöhlung der Demokratie von innen.
Wehrhafte Demokratie ohne Selbstverleugnung
Gleichzeitig dürfen wir nicht in einen blinden Aktivismus verfallen, der die Grenze zwischen wehrhafter Demokratie und antidemokratischer Reaktion verwischt. Wer Andersdenkende nur noch moralisch verurteilt, statt sich argumentativ mit ihnen auseinanderzusetzen, verliert die politische Mitte. Doch gerade diese Mitte brauchen wir, wenn wir verhindern wollen, dass sich unsere Gesellschaft weiter spaltet.
Wir müssen klug, klar und konsequent bleiben. Wir müssen die AfD stellen – politisch, gesellschaftlich, rhetorisch. Wir müssen ihre Ideologie entlarven, ihre Widersprüche aufzeigen, ihre vermeintlichen sozialen Lösungen durchleuchten. Und wir müssen den Menschen bessere Antworten geben – auf ihre Sorgen, ihre Fragen, ihre Unsicherheiten. Denn Protestwähler lassen sich nicht einfach abwählen. Man muss sie überzeugen. Oder man verliert sie – und damit noch viel mehr.
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Der Kommentar ist nicht…
Der Kommentar ist nicht schlüssig. Der Kommentator betont die Gefährlichkeit der Partei und will sie letztlich doch weiter machen lassen. Die anderen sollen sich nur mehr anstrengen (und bedrohen und bepöbeln lassen, wozu vielen bereits jetzt die Lust fehlt). Er läßt den Eindruck einer überstürzten Entscheidung entstehen, dabei wird das Thema seit Jahren diskutiert und nichts wird besser. Im Gegenteil flirtet mancher Konservativer bereits mit einer Regierungszusammenarbeit (was vor wenigen Jahren wohl noch undenkbar schien) und die Prozente klettern. Warum glaubt man eine staatszerstörende Truppe (das glaubt der Autor ja?) machen lassen zu können im Namen einer falsch verstandenen Toleranz, die sich allem eh überlegen glaubt bis sie es nicht mehr ist und vielen erscheint was sie ist: bequem und schwach. Die entscheidende Frage ist also nicht, ob das Verbot nun jemand nützt, ein neues Paradies schafft, blöd aussieht, sondern ob es juristisch begründet ist. Wenn dem so ist, sollte man sich die Mühe machen. Wir lassen ja auch keine Ladendiebe und Bankräuber laufen, weil eine Festnahme uncool aussieht und die Bürger in Distanz zur Polizei bringen könnte. Komisch finde ich nur, dass so eine Debatte nun aufgrund einer ziemlich intransparenten Einstufung diskutiert wird. Diskutiert werden sollten doch belegbare Gründe nicht Dokumente, die keiner kennt außer irgendwelche "Eingeweihte".