Am 23. Februar 2025 findet die nächste Bundestagswahl statt. Nachdem der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kurz vor Weihnachten die Vertrauensfrage im Bundestag gestellt und verloren hatte, gibt es vorgezogene Neuwahlen.
Für diese werben die Parteien nun um die Stimmen der Bevölkerung. Uns interessiert die Frage, wie sie sich dabei zu den Themen Religion, Kirche und Glaube positionieren. Deshalb haben wir uns die Wahlprogramme angeschaut und – gemäß der Jahreslosung – auf diesbezügliche Inhalte geprüft. In diesem Teil unseres Parteienchecks zur Bundestagswahl 2025 nehmen wir uns das Wahlprogramm der AfD vor.
Religion als Identitätsstiftung
Religion ist für die AfD offensichtlich ein Instrument ihrer Identitätspolitik. So bekennt sie sich in ihrem Wahlprogramm dazu, dass das Christentum mit "unserer" (gemeint ist wohl die deutsche) Kultur "eng verbunden" sei. Diese wiederum wird als prägend für "unsere" Identität angesehen.
Im gleichen Atemzug nennt die Partei neben der christlichen Religion auch Aufklärung, Kunst und Wissenschaft – ohne ins Detail zu gehen oder gar mögliche Spannungsverhältnisse zwischen den Begriffen zu thematisieren.
Diese Identität sieht die AfD bedroht - und zwar durch den sogenannten "politischen Islam". Dieser stelle in seiner "teilweise gewaltbereiten Ausprägung" die größte Gefahr für die "christlich-abendländische Kultur in Deutschland" dar. Der so beschworenen Gefahr verspricht die Partei entschlossen entgegenzutreten.
Weitere Bezüge zum christlichen Glauben finden sich im Programm nicht. Lediglich an einer Stelle werden die Kirchen erwähnt: Die AfD will das Kirchenasyl abschaffen.
Nichtchristliche Religionen: Feindbild Islam
Kommt dem Christentum noch die Aufgabe zu, identitätsstiftend für "unsere" Kultur zu sein, so sieht es bei den nichtchristlichen Religionen ganz anders aus.
Zwar heißt es im Programm: "Die AfD steht uneingeschränkt zur Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit nach Artikel 4 des Grundgesetzes". Doch wer das Wahlprogramm liest, findet seitenweise negative Darstellungen vor allem einer Religionsgemeinschaft: der muslimischen.
Ausgehend von der Behauptung, Deutschland drohe eine "Islamisierung", stellt die Partei jede Menge Forderungen auf, die offensichtlich darauf abzielen, es Muslim*innen möglichst unangenehm zu machen: Islamische Gemeinden sollen kein Körperschaftsrecht mehr haben, islamische Theologie soll verboten werden.
Neben solchen konkreten Forderungen finden sich auch jede Menge unterschwellige Unterstellungen, die alle Muslim*innen in die Nähe von Vielehen, Frauenunterdrückung, rigiden Bekleidungsvorschriften oder Institutionen wie sogenannten Friedensrichtern rücken. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Partei in Menschen muslimischen Glaubens ein willkommenes Feindbild sieht.
Judentum nur begrenzt interessant
Dass auch Muslim*innen in Deutschland aufgrund ihres Glaubens Diskriminierung und Gewalt erleiden, spielt für die Partei dagegen offensichtlich keine Rolle. Im Gegenteil: "Es ist inakzeptabel, Kritik am Islam durch den Vorwurf der 'Islamophobie' oder des sogenannten antimuslimischen Rassismus zu unterdrücken." Berichte über antimuslimische Verhaltensweisen und Gewalttaten werden so von vornherein als unglaubwürdig abgestempelt.
Etwas mehr Verständnis wird einer anderen nichtchristlichen Religion entgegengebracht, dem Judentum. Allerdings findet auch der jüdische Glaube nur dort Erwähnung, wo die Partei meint, ihn gegen "den Islam" in Stellung bringen zu können: Jüdisches Leben sei in Deutschland "vor allem durch juden- und israelfeindliche Muslime" bedroht, heißt es.
Ohne eine bestimmte Religion zu nennen, setzt sich die AfD zudem für ein Verbot des Schächtens ohne Betäubung ein - was Muslime und Juden, die sich an ihre jeweiligen Speisevorschriften halten, gleichermaßen treffen würde. Andere Religionsgemeinschaften erwähnt die AfD in ihrem Programm nicht.

Bundestagswahl 2025
Am 23. Februar 2025 finden in Deutschland vorgezogene Neuwahlen zum Bundestag statt. Wir haben uns die Wahlprogramme der Parteien angeschaut und auf Aussagen zu Glaube, Religion und Kirchen sowie Familie, Kinder und Frauen untersucht.
Alle Analysen zu Religion, Glaube und Kirchen
Teil 1: Das Wahlprogramm von CDU und CSU
Teil 2: Das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen
Teil 3: Das Wahlprogramm der SPD
Teil 4: Das Wahlprogramm der AfD
Teil 5: Das Wahlprogramm der FDP
Teil 6: Das Wahlprogramm des BSW
Teil 7: Das Wahlprogramm der Linken
Teil 8: Das Wahlprogramm von Volt
Alle Analysen zu Familie, Frauen und Kinder
Teil 1: Das Wahlprogramm von CDU und CSU
Teil 2: Das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen
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Wenig überraschend und…
Wenig überraschend und durchschaubar. Allerdings macht es der Artikel der AfD leicht durch unkritische Verwendung von Begriffen wie Islamphobie und einseitige Opferzuschreibungen. Rassistische Morde wie in Solingen, Mölln und Hanau sind genauso deutsche Realität wie Polizeischutz für Religionskritiker und islamistische Anschläge und faschistisches Denken ist in der islamischen Welt durchaus vorhanden, was ja auch unseren Kirchen nicht immer fremd war und ist, genauso wie eben auch das Gegenteil hier wie da. Indem man das Gute-böse-Spiel mitspielt, das Wir-die, macht man es den Vereinfachern leicht Menschen zu fischen, die sich in der veränderten Welt unwohl fühlen oder gar begründet Angst haben, weil sie in Deutschland eben auf die Genozidfans aus Nahost wieder treffen oder von Halbstarkengangs drangsaliert werden, die so gläubig vielleicht gar nicht sind oder die gar unmittelbar mit dem Tod bedroht werden von Fatwas oder NSU. Die AfD ist eine Folge vorhandener Gewalt und Frustration im Land, die durch Ignoranz nicht verschwinden wird genauso wie Ausgrenzung die Ausbreitung von Islamismus fördert und Erdogan als Vaterfigur für Jungs aus Gelsenkirchen glaubwürdig macht. In Schuldzuweisungen sind wir schnell. Praktikable Lösungen mit oder ohne Gott bieten Parteien selten.