Seit 100 Jahren gibt es in der Evangelischen Diakonissenanstalt Augsburg eine Krankenpflegeausbildung, seit 34 Jahren eine in der Altenpflege. Die Pflegeschulen haben im September 2023 ihren neuen Standort in Augsburg-Pfersee in einem ehemaligen Firmengebäude eröffnet. Sechs Pflegeschulen gibt es in Augsburg – darunter Einrichtungen, die aus rein kommerziellen Gründen gegründet wurden, daneben die der Uni-Klinik und sowie die beiden konfessionell geprägten der Caritas und eben der Diakonissenanstalt. "Der Unterschied ist der, wir verbinden die Ausbildung mit christlich-ethischen Grundsätzen", sagt Lorenz. "Das ist auch die Kirche der Zukunft."

Die staatlichen Vorgaben für eine Pflegeschule mit gesetzlichen Grundlagen wie Fehlzeitenregelung, ausreichendem Sprachniveau oder einem reinen polizeilichen Führungszeugnis sieht der 45-Jährige als "Standbein". "Es gibt kein christliches oder unchristliches Examen. Bei uns muss jeder seine Prüfung bestehen", erklärt Lorenz, der im April 2022 die Leitung der Schule übernommen hatte. Daneben gebe es aber noch ein "Spielbein", das der Pfarrer am Beispiel "Tod und Sterben" festmacht. "Dafür sieht der Lehrplan zehn Stunden vor. Wie ich diese aber fülle, obliegt uns." Ganz niederschwellig könne bereits das Ankommen in der Schule mit einem gemeinsamen Essen mit den Diakonissen verbunden werden, bei man sich kennen lerne. Oder die Verknüpfung der Examensfeier mit einem Gottesdienst.

Über 200 Schülerinnen und Schüler

Seit der Einführung der generalistischen Pflegeausbildung im Jahr 2020 werden die Auszubildenden in allen drei Versorgungsbereichen Kranke, Alte und Kinder geschult. Die Ausbildung zur Pflegefachkraft dauert drei Jahre, die zum Pflegefachhelfer ein Jahr. Die Auszubildenden der diako-Schule kommen derzeit aus 56 unterschiedlichen Nationen von allen fünf Erdteilen. Über 200 Schülerinnen und Schüler erhalten dort ihre Ausbildung.

Mit zwei Dritteln sind Frauen klar in der Überzahl. Zwei davon sind Stefanie Dollinger und Eliana Brazon, die im zweiten Jahr ihrer Ausbildung sind. Beide haben sich bewusst für ihre Schule entschieden. "Wir arbeiten am Menschen, und da gehört eine Wertevermittlung einfach mit dazu", meint Dollinger. Wie Krankheit und Psyche zusammenhängen sei ebenso spannend zu erfahren wie dabei zuzusehen, wie Menschen heilen. Empathie sei "Fluch und Segen" ihres Lebens zugleich: Sie komme aus einer Handwerkerfamilie, habe zuerst eine Ausbildung zur Raumausstatterin absolviert, allerdings schon als 16-Jährige gewusst, dass die Arbeit mit Menschen eigentlich ihr "Ding" sei.

"Es ist auch eine wahnsinnig würdevolle Aufgabe, jemanden mit in seinen Tod zu begleiten", bekennt Dollinger. Auch wenn sie manchmal nur wenige Minuten Zeit für einen Patienten in der Klinik habe, seien diese die intensivsten Momente überhaupt.

"Benzin für mein Leben"

"Ich glaube eigentlich nicht an Gott, ging aber in eine katholische Schule und spürte schon früh eine spirituelle Verbindung zu etwas Höherem", sagt Eliana Brazon, die mit Hilfe ihrer Gastfamilie in Augsburg-Kriegshaber zum Pflegeberuf gekommen ist. Die Liebe, die von den Menschen zurück komme, denen sie helfen kann, sei ihr Antrieb. "Das ist Benzin für mein Leben." Besonders schätzt die Südamerikanerin, dass sie sich während der drei Jahre dauernden Ausbildung ihre Lerneinheiten auswählen und sich den Stundenplan selbst organisieren kann.

Man habe es in den vergangenen Jahren geschafft, die synergetischen Pfunde des diako-"Campus" aus Kliniken und dem Pauline-Fischer-Altenheim vor Ort in der Augsburger Frölichstraße für die Pflegeschule zu nutzen, meint Rektor Jens Colditz. Neben den diako-eigenen Einrichtungen gebe es in der Region Augsburg rund 70 weitere, mit denen man in den praktischen Einheiten zusammenarbeite.

Es gehe an der diako-Pflegeschule einerseits um das Erlangen von Kompetenzen, aber auch um das Stärken von Persönlichkeit. "Wenn wir dies nicht mit unserer christlichen Grundhaltung verknüpfen könnten, bräuchte es die Schule nicht."

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden