Mühlhausen in Thüringen will seinen eigenen Dürer haben. Eine Initiative aus Freundeskreis der Museen, Rotary Club und Stadt will anlässlich der Thüringer Landesausstellung "freiheyt 1525 – 500 Jahre Bauernkrieg" im Jahr 2025 auf dem Kornmarkt ein sieben Meter hohes Denkmal aus Bronze mit Sockel stellen, für das ein Entwurf Albrecht Dürers aus dem Jahr 1525 Vorbild ist. Ob der Nürnberger Künstler mit seiner Skizze die Bauern ehren oder sich über sie lustig machen wollte, da scheiden sich aber die Geister.
Fraktion "Pro" ist Thomas T. Müller. Der Vorsitzende der Thomas-Müntzer-Gesellschaft hatte die Idee zu dem Projekt, nachdem er Dürers Darstellung eines in sich zusammengesunkenen Bauern, dem ein Schwert im Rücken steckt, bereits in jungen Studienjahren gesehen und vor wenigen Jahren als Aufkleber an einer Säule entdeckt hatte. Der Freundeskreis der Mühlhäuser Museen mit seinem Vorsitzenden Michael Scholl und der Rotary Club sammeln derzeit fleißig Spenden für das Projekt.
Warnungen aus Nürnberg
Als Direktor der Museen der Stadt Nürnberg findet Thomas Eser es grundsätzlich gut, wenn Dürers Kunstwerke nach über einem halben Jahrtausend immer noch kulturpolitisches Potenzial entfalten. Allerdings sei die "Bauernsäule" vielmehr eine Buch- illustration, die modellhaft-theoretisch ein aus Dürers Sicht "gelungenes" Denkmal darstellt, um die militärischen Widersacher der Bauern zu würdigen.
"Die Säule soll nicht die unterlegenen Bauern bedauern, sondern deren Ermordung feiern, ja, sich gar über diese lustig machen", meint Eser. Dürer habe in seiner ersten im Druck publizierten kunsttheoretischen Schrift, der "Unterweisung der Messung" von 1525 sinngemäß geschrieben, dass, wer eine Siegessäule über die aufrührerischen Bauern aufrichten will, sich eines solchen Motivs bedienen soll. Eine dreidimensionale Realisierung sei Dürer nie in den Sinn gekommen. "Die Bauernsäule ist eine Parodie auf die Niederlage der Bauern", sagt Eser.
Er räumt ein, dass die jüngere Kunstgeschichte die Säule als Dürers vermeintlich melancholischen Blick auf die geschundenen Bauern feststellen wollte. "Ich halte das aber für einen zu modernen Blick auf das Motiv", so der Nürnberger. Als Städter sei Dürer 1525 von der Bedrohung durch den Aufruhr der Bauernschaft vereinnahmt gewesen. Eine romantisch-emphatische, sozialkritische Haltung gegenüber dem Landvolk könne man auch in seinem sonstigen Werk nirgends feststellen.
Anklänge an "Christus in der Rast"
Kunsthistorikerin Susanne Kimmig-Völkner kennt diesen Widerspruch innerhalb der kunsthistorischen Forschung. "Es gibt gute Gründe, das Denkmal aus der Siegerperspektive über die Bauern zu sehen, aber auch als verklausulierte Sympathiebekundung", sagt die Direktorin der Mühlhäuser Museen. Dürer schreibt, er habe den Entwurf "zur Aventüre" verfasst, was man als "Vergnügen" oder "Zeitvertreib" übersetzen könne. Je nach Lesart lasse sich hieraus über die Ernsthaftigkeit des Künstlers spekulieren. "Wenn ich die Haltung des Bauers sehe, denke ich aber sofort an die klassische Darstellung des ›Christus in der Rast‹. Und Dürer hätte ihn niemals parodiert."
Für die Stadt Mühlhausen und die Initiatoren der Säule stehe letztlich aber die Aktualität der Darstellung im Mittelpunkt. "Krisen haben uns vor 500 Jahren ebenso wie heute betroffen", meint Kimmig-Völkner.
Der Künstler Timm Kregel aus dem Kyffhäuserkreis soll das sieben Meter hohe Denkmal nach dem Dürer-Entwurf erschaffen. Rund 200 000 Euro wird das voraussichtlich kosten.
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