Der Herbst ist da. Anfang der Woche gab es in manchen Regionen nachts bereits Bodenfrost. Zeit, die Heizung wieder anzudrehen. Doch schon der Gedanke daran dürfte einigen Bürgern schlaflose Nächte bereiten. Denn die Preise für Energie scheinen derzeit nur eine Richtung zu kennen: nach oben. Und das bringt viele Menschen in Schwierigkeiten, weiß Volker Erbacher von der Diakonie Baden.

"Am härtesten haben die Preissteigerungen die untere Mittelschicht getroffen - Menschen also, die ihre Rechnungen bisher aus eigener Kraft gezahlt haben, und darauf stolz waren."

Erbacher nennt etwa Alleinerziehende oder Rentner. Flattere ihnen plötzliche eine Nachzahlung über 600 Euro ins Haus, könnten sie das vielfach nicht stemmen.

Landeskirchen im Südwesten haben Energienothilfe ins Leben gerufen

Aus diesem Grund haben die beiden evangelischen Landeskirchen im Südwesten zusammen mit ihren Diakonischen Werken ziemlich genau vor einem Jahr die Aktion "Energienothilfe" ins Leben gerufen. Beide Kirchen hatten beschlossen, auf die anfallenden Kirchensteuermittel aus der Energiepreispauschale des Bundes zu verzichten und sie stattdessen Bedürftigen zur Verfügung zu stellen. Die dadurch frei werdenden Mittel fließen in den Energienothilfe-Fonds. Menschen, die wegen der explodierenden Energiepreise in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen sind, können bei den Beratungsstellen der Diakonie seither eine Überbrückungshilfe von bis zu 1.000 Euro beantragen.

"Bei uns wurden bislang 520 Anträge bewilligt", berichtet Erbacher. "Durchschnittlich wurden dabei 600 Euro abgerufen." Dass das Interesse bislang nicht größer ist, erklärt sich Volker Erbacher nicht mit mangelndem Bedarf, sondern mit dem Rhythmus der Nebenkostenabrechnungen. "Meist bekommen Mieter die erst am Jahresende oder sogar erst im Folgejahr", erklärt er. Die Diakonie Baden rechne deshalb um den Jahreswechsel mit einer deutlich steigenden Nachfrage. Ähnlich sieht es bei der Diakonie in Württemberg aus. Dort gibt es keine genauen Zahlen darüber, wie viele Anträge bislang genehmigt wurden. "Aber die Hilfen sind gut nachgefragt", sagte Pressesprecherin Claudia Mann dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Viele wissen nichts von Anspruch auf Unterstützung

Die Energienothilfen richten sich an Menschen mit niedrigem oder mittlerem Einkommen, die nicht von staatlichen Transferleistungen profitieren. Antragsberechtigt sind alle, die ihren ersten Wohnsitz in Baden-Württemberg haben und aktuelle Nachzahlungen für Heizung oder Strom nicht finanzieren können.

"Viele wissen nicht einmal, dass sie Anspruch auf Unterstützung haben", sagt Volker Erbacher.

Auch deshalb sind die Anträge auf Energiekostenunterstützung mit einem Gespräch in einer der Diakonie-Beratungsstellen verbunden - "zum einen, um Missbrauch zu verhindern, zum anderen und vor allem aber, um zu schauen, welche Hilfsangebote es für die Antragsteller darüber hinaus gibt", erklärt der Theologe. Viele Klienten seien es bislang nämlich nicht gewohnt gewesen, sich Hilfe zu holen oder gar eine Beratungsstelle aufzusuchen. Erbacher beobachtet eine große Hilf- und Ratlosigkeit.

Die Anträge seien unkompliziert, beruhigt er. Man brauche lediglich Nachweise über die Nebenkostenabrechnung, das Haushaltseinkommen sowie die Zahl der Haushaltsangehörigen. Für die Jahre 2022 (rückwirkend), 2023 und 2024 könnten betroffene Haushalte jeweils einmal im Jahr einen Antrag stellen. "Es ist noch Geld da", sagt Erbacher. Im Frühjahr 2024 solle dann darüber entschieden werden, ob das Programm fortgesetzt wird, oder ob der Bedarf an Unterstützung in anderen Bereichen möglicherweise größer ist.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden