Per Bezahlkarte sollen Asylbewerber künftig nur noch einen Teil ihrer Sozialleistungen in bar erhalten, der Rest wird auf die Karte geladen.

  • Die Länder versprechen sich davon weniger Verwaltungsaufwand und sehen die restriktive Ausgestaltung als einen Weg, den Anreiz zum Zuzug von Geflüchteten zu senken.
  • Ziel ist es auch, die Möglichkeit der Überweisung staatlicher Gelder in die Herkunftsländer der Geflüchteten zu erschweren.

Die Debitkarte soll laut Beschluss von 14 Ländern ohne Kontobindung funktionieren. Elektronisch bezahlt werden kann nur, wenn ein Guthaben vorhanden ist. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen einen Sonderweg, um die Karte schneller einführen zu können.

Reaktionen auf die Bezahlkarte für Asylbewerber

Die Caritas in Nordrhein-Westfalen nennt die geplanten Bezahlkarten für Asylbewerber "zwar populär, aber letztlich bürokratisch, kostspielig und ineffektiv". Der Aufbau alternativer Bezahlsystemen sei wenig sinnvoll.

"Eine konstruktive Asylpolitik investiert in die Integration von Geflüchteten und stärkt sie in ihren Teilhabemöglichkeiten",

betont der Kölner Frank Johannes Hensel, Sprecher der Caritasdirektoren in NRW.

Die Erwartungen der Bundesländer, dass sich mit der Bezahlkarte Verwaltungsverfahren vereinfachen, sei dann gerechtfertigt, "wenn man zuvor mit Sachleistungen gearbeitet hat, also mit der Ausgabe von Kleidungsstücken oder Lebensmitteln", sagt Birgit Glorius, die dem Sachverständigenrat Migration (SVR) angehört, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Die müssen eingekauft, gelagert und ausgeteilt und die Ausgabe dokumentiert werden." Die Bezahlkarte müsse nur einmal ausgehändigt werden, alles andere erfolge auf digitalem Wege.

"Sozialleistungen sind kein Pull-Faktor"

"Sicherlich benötigt die Auszahlung des Taschengeldes als Bargeldleistung weiter eine parallele Verwaltungsstruktur, aber die Kombination Bezahlkarte und Taschengeld ist in der Summe dennoch weniger aufwendig als die Kombination Sachleistungen und Taschengeld", erläutert die Professorin an der TU Chemnitz.

Zugleich stellt die Migrationsforscherin klar, dass die Sozialleistungen, gleich in welcher Zahlart, kein maßgeblicher Pull-Faktor seien:

"Sozialleistungen sind kein entscheidender Faktor für die Zielland-Entscheidung."

Sie würde Politikerinnen und Politikern aus dem demokratischen Parteienspektrum raten, sich mit entsprechenden öffentlichen Äußerungen ein wenig zurückzuhalten.

Jesuiten: "Schlicht und einfach schäbig"

Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) lehnt die Bezahlkarten für Asylbewerber an sich ab.

"Es ist nicht erkennbar, welches reale Problem durch sie gelöst werden soll",

sagt Stefan Keßler, der stellvertretende Direktor, im Interview mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Vor allem wegen des erwartbar hohen technischen Aufwandes erscheine die Einführung wenig sinnvoll, kritisiert der Referent für Politik und Recht, Sozial- und Verfahrensberatung.

"Es wäre einfacher, den Menschen den Zugang zu regulären Bankkonten zu ermöglichen und die Hilfeleistungen darauf zu überweisen", betont der Experte. Und: Es sei "schlicht und einfach schäbig, die Karte aus migrationspolitischen Erwägungen heraus besonders abschreckend zu gestalten".

Streit über die Kosten entbrannt

Unterdessen ist über die Kosten der Einführung ein Streit entbrannt. NRW will die Karte zwar flächendeckend einführen, die Kosten aber den Kommunen aufbürden. Der Städte- und Gemeindebund übte daran Kritik. Es sei nicht klar, in welchen Kreisen die Karte überhaupt eingeführt werde, wenn die Kostenfrage nicht geklärt sei.

Hauptgeschäftsführer Christof Sommer, beklagte, dass das Land "einseitig Fakten geschaffen" habe, ohne mit den Kommunen die Rahmenbedingungen zu besprechen. Nur wenn die Karte flächendeckend eingeführt werde, könne sie auch einen Beitrag leisten, Migration zu steuern, erklärte er.

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