Die Gepa wird 50 Jahre alt. Mit Kaffee aus Guatemala hat der Handel fairer Produkte damals begonnen. Das Fairhandelsunternehmen mit Gesellschaftern wie Brot für die Welt und Misereor stößt deshalb in dieser Woche bei der Biofach in Nürnberg auf seinen Geburtstag mit Kaffee an.

Vorstand Peter Schaumberger, gelernter Ökolandwirt, sieht im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) die Zukunft des Handelsunternehmens positiv, beschreibt aber auch die Probleme. Er findet, die Gepa sei "die Hefe im Teig".

Die Gepa macht mit Kaffee, Tee, Kakao und Schokolade und einigen Non-Food-Artikeln etwa einen Jahresumsatz von 80 Millionen Euro. Wie entwickelt sich denn das Geschäft nach der Corona-Pandemie?

Peter Schaumberger: Weil unser Handel auf vier Vertriebsbereichen ruht, hat uns die Pandemie nicht so stark getroffen. In den Supermärkten und Bioläden ist unser Umsatz in der Zeit wie eine Rakete nach oben gegangen, während ja die meisten Weltläden, die das Herz und das Rückgrat des fairen Handels sind, schließen mussten. Der Umsatz mit den Kantinen litt ebenfalls. Unser vierter Bereich ist der stabile Online-Handel.

Welches Ziel haben Sie sich für die nächste Zukunft gesetzt?

Wir möchten die Prinzipien des fairen Handels direkt in das Regal des Supermarkts bringen. Man muss zu den Leuten kommen. Das ist nicht einfach, denn vier große Lebensmittelunternehmen diktieren in einer Handelsschlacht bei uns, was in den Regalen steht. Die Frage ist, ob wir mit unserem Ansatz, allen ein würdevolles Leben zu ermöglichen, eine systemverändernde Kraft entwickeln.

Wir sind die Hefe im Teig. Es ist wichtig, voranzugehen und ein Beispiel zu geben. Das ist ein Auftrag, den wir von unseren Gesellschaftern haben: Wir wollen zeigen, dass fairer Handel wirtschaftlich funktioniert. Seit 50 Jahren treten wir dafür den Beweis an. Die Kooperation "Forum Fairer Handel", deren Mitglied wir sind, hat ein Leitbild verfasst, das immerhin Rewe und Aldi unterzeichnet haben.

Man hat ja als Verbraucher auch den Eindruck, Produkte aus Fairem Handel sind in den Discountern angekommen? Sind sie da nicht zufrieden?

Anders als der Begriff "Bio" ist die Bezeichnung "Fair" nicht gesetzlich geschützt. Die bedeutendste Zertifizierung ist das Fairtrade-Siegel. Wir selbst verwenden für unsere Ware das Siegel aber nicht mehr, weil für uns klar ist, dass wir 100 Prozent fair gehandelte Produkte vertreiben. Die Zertifizierungsanforderungen für faire Produkte sind im Laufe der Zeit heruntergeschraubt worden.

Große Röstereien und Discounter steigen auf niedrigerem Niveau in den Markt ein. Das finde ich nicht per se böse, denn es erschließt dem Markt weitere Konsumentenschichten. Wir als Gepa wollen aber das Optimum aus unserer Sicht, etwa Mindestpreise für den Kaffeebauer und eine komplette Rückverfolgung. Wir machen langfristige Kontrakte und zahlen die Ware bereits bei der Bestellung.

Den Kaffeebauern im Globalen Süden macht die Klimakrise bereits heute sehr zu schaffen. Was kann der faire Handel für diese Produzenten tun?

Ja, das Thema Klimawandel ist für alle Handelspartner im Globalen Süden ein Riesenthema. Ich war gerade in Südafrika, wo Rooibostee angebaut wird. Da konnten wir vor Ort die Folgen des Klimawandels sehen: Auf den Feldern entstehen durch lange Dürren und plötzliche Überschwemmungen große Lücken. Zusätzlich schwächen Käfer die Pflanzen. Es gibt immense Schäden. Verschiedene Agro-Maßnahmen, etwa Mischkulturen mit Bäumen, die Schatten bringen und Schutz vor Starkregen bieten, können helfen.

Wir bezahlen spezielle Berater, die den Handelspartnern neue Anbaumethoden vermitteln. Aber das stößt an Grenzen, weil beim Kaffee die Anbauhöhe eine Rolle spielt. Wenn sie sich durch Klimaveränderungen verschiebt, heißt das, dass die Parzelle eines Kleinbauern nicht mehr für Kaffee geeignet ist. Im eigenen Land arbeiten wir mit Umweltbewegungen wie Fridays for Future zusammen, aber wir unterstützen auch politische Aktivitäten in den Ursprungsländern, NGOs, die mit unseren Handelspartnern kooperieren.

Befürchten Sie, dass die neue US-amerikanische Wirtschaftspolitik auch die Märkte für fairen Handel betreffen wird?

Unser Geschäft direkt betrifft das nicht, aber wenn sich die Weltwirtschaft und die gesamte Lage verändern, wird dies Auswirkungen auf die Konsumhaltung der Verbraucher haben. Aber nicht nur der US-Präsident beeinflusst die Märkte. China macht nicht einen solchen Wind wie Donald Trump, aber wir beobachten schon seit Jahren, dass es sich Rohstoffquellen wie Erze vor allem in Afrika zu sichern versucht.

Und es will auch agrarische Rohstoffe, indem es Boden kauft. Wir stufen das als Neokolonialismus ein. Dagegen will die Gepa eine Kooperation mit den Partnern in Afrika oder Südamerika, die selbst im Besitz der Produktionsmittel und mit uns auf Augenhöhe sind. Wir versuchen auch, mehr Wertschöpfung in die Partnerländer zu verlagern. Die Handwerksprodukte werden in den Herkunftsländern fertig hergestellt und verpackt. Bei Kaffee haben wir auch einige Produkte, die bereits in den Ursprungsländern geröstet werden. Man muss aber leider sagen, dass der Markt das nicht so einfach annimmt.

Ist da bei den Menschen immer noch die Furcht da vor einem bitteren, anstrengenden Nicaragua-Kaffee aus den Anfangszeiten des fairen Handels?

Ja, es hängt dem Kaffee noch das Image des Nicaragua-Kaffees aus den 1970er-Jahren an. Aber bedenken Sie, bereits in Europa schmeckt ja der Schümli-Kaffee anders als der Espresso in Italien. Die sensorischen Vorlieben sind regional. Damals ist schiefgegangen, dass in ihre Produkte verliebte Röstmeister aus Südamerika uns überzeugen wollten, dass wir den Kaffee so trinken, wie sie es kannten.

Wir haben da einen neuen Anlauf gemacht und führen die Partner jetzt auch in Fortbildungen für Kaffeequalität an den Geschmack der deutschen Konsumenten heran. Ein Ergebnis davon ist unsere Marke "Esperanza", eine gleichbleibende Mischung.

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