Die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach geplante Krankenhausreform ist einem Gutachten zufolge nicht verfassungskonform. Sie würde die Zuständigkeiten der Länder zu stark beschneiden, heißt es in dem von den unionsgeführten Landesregierungen aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein in Auftrag gegebenen Expertenpapier.

Dieses wurde vom Augsburger Verfassungsrechtlers Ferdinand Wollenschläger am Donnerstag in Berlin vorgestellt. Krankenkassen dringen hingegen auf bundeseinheitliche Regelungen.

Krankenhausreform: Bedarf besteht, aber Bund nicht zuständig

Wollenschläger erläuterte, dass den Ländern bei einer Krankenhausreform "kraft Verfassungsrecht" eigene und umfassende Gestaltungsspielräume "sowohl legislativer als auch administrativer Art" bleiben müssten. In der Zusammenfassung seines 140-seitigen Gutachtens schreibt der Jurist:

"Dass bundesweit Reformbedarf besteht oder eine bundeseinheitliche Regelung für wünschenswert erachtet wird, bedeutet (...) noch nicht, dass der Bundesgesetzgeber zur Reform berufen ist."

Oder wie es an anderer Stelle heißt: "Dem Bund steht keine umfassende Gesetzgebungszuständigkeit für das Krankenhauswesen zu", sondern nur "eine partielle".

Lauterbach: Gutachten überholt

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte das Gutachten der drei Länder im Grundsatz, merkte aber an, es befasse sich mit überholten Reformplänen und werde von anderen Gutachtern nicht bestätigt. Die Diskussion sei "inzwischen wesentlich weiter".

Gemeinsam mit den Ländern werde die Bundesregierung "die dringend notwendige Reform erarbeiten. Der übliche Gutachterstreit darf und wird das Krankenhaussterben nicht verlängern", unterstrich Lauterbach.

Kern der geplanten Krankenhausreform des Bundes ist eine Ergänzung der seit über 20 Jahren existierenden Fallpauschalen. Stattdessen soll das Vorhalten von Leistungen besser vergütet werden. Damit soll sich vor allem die Zahl unnötiger, aus wirtschaftlichen Überlegungen durchgeführter Eingriffe verringern.

Auch soll es künftig eine Unterteilung der Krankenhäuser in verschiedene Versorgungslevel geben. Kleinere Kliniken mit niedrigerem Versorgungslevel sollen sich auf eine Grundversorgung konzentrieren, während die komplexeren Eingriffe vor allem in großen, entsprechend spezialisierten Kliniken stattfinden sollen.

Wo die verfassungsrechtlichen Probleme liegen

Das verfassungsrechtliche Problem sieht Wollenschläger darin, dass der Bund zuerst die Versorgungslevel festlegen will - dadurch werden also Vergütungsrahmen für die einzelnen Kliniken festgelegt, die wiederum maßgeblich für das sind, was ein Krankenhaus anbieten kann. Diesen Vergütungsregelungen komme also "erhebliche Planungsrelevanz zu", sagte der Verwaltungsjurist.

Damit wäre die "Planungsbefugnis der Länder" in einem Ausmaß beschnitten, dass diese kaum noch Gestaltungsspielräume hätten. Eine Lösung könnte sein, dass die neuen Vergütungsregeln "an den krankenhausplanerischen Versorgungsauftrag anknüpfen".

Holetschek: Reform wichtig, aber

Die drei unionsgeführten Landesregierungen - und vor allem die für Gesundheit zuständigen Minister - sehen sich durch das Gutachten in ihrer Kritik an Lauterbachs Reformplänen bestätigt.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte, eine Krankenhausreform sei zwar wichtig, aber man setze sich eben auch für eine "bestmögliche und flächendeckende medizinische Versorgung der Menschen in unseren Ländern ein".

Auf Lauterbachs "Gutachterstreit"-Aussage reagierte Holetschek wiederum empört: Der Bundesgesundheitsminister scheine "den Bezug zur Realität verloren zu haben".

Lauterbach habe versichert, dass die Vorschläge der Regierungskommission nicht in die Planungshoheit der Länder eingreifen würden. Dies sei mit dem vorliegenden Gutachten nun widerlegt, sagte der CSU-Politiker.

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, er sei froh, dass Lauterbach mittlerweile angekündigt habe, "keine 1:1-Umsetzung der Vorschläge" anzustreben, sondern mit den Ländern zusammenzuarbeiten.

Krankenkassen: Reform bietet große Chance

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-Spitzenverband) warnte indes, dass die Behandlungsqualität nicht an Ländergrenzen haltmachen dürfe.

"Die Krankenhausreform bietet für alle Bundesländer die große Chance, durch bundeseinheitliche Qualitätsvorgaben und Mindestanforderungen bundesweit die Versorgung der Menschen zu verbessern", sagte Stefanie Stoff-Ahnis vom GKV-Vorstand.

Carola Reimann, die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, bezeichnete bundeseinheitliche Leistungsgruppen als "unverzichtbar".

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte, das Gutachten zeige, dass die Reform nur gelingen könne, wenn alle Beteiligten an einem Strang zögen. Er begrüßte, dass Lauterbach einen gemeinsamen Gesetzentwurf von Bund und Ländern anstrebe.

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