Seit vier Monaten ist die Tübinger Kinderkrankenpflegerin Friederike Ambacher bereits an Bord der "Global Mercy" und noch immer kommt es vor, dass sie sich auf dem riesigen Schiff mit seinen zwölf Decks verläuft. Kein Wunder, sie befindet sich ja schließlich an Bord des nach eigenen Angaben größten zivilen Hospitalschiffs der Welt.

Das Krankenhausschiff, das im Hafen von Freetown in Sierra Leone ankert, hat auf 7.000 Quadratmetern sechs Operationssäle, ein Labor, eine Radiologie, Pharmazie, Räumlichkeiten zur ambulanten Behandlung sowie eine Zahn- und Augenklinik und bietet Platz für 200 Patienten.

Derzeit ist Ambacher auf der kinderorthopädischen Station, die vor allem Kinder behandelt, deren Beine fehlgebildet sind, und die deshalb nicht richtig gehen können, erzählt sie bei einem Videogespräch. Bei jedem Kind sei ein Elternteil zur Betreuung mit an Bord: Dadurch kommt man schnell ins Gespräch, es wird gesungen und getanzt, "man fühlt sich wie eine große Familie".

Zuvor arbeitete sie zwei Monate auf der Station für plastische Chirurgie. Dort betreute sie vor allem Patienten, die nach einer Verbrennung große Narben zurückbehalten hatten und dadurch in ihrer Bewegung eingeschränkt waren. Bei einem Mann waren beispielsweise Ober- und Unterschenkel miteinander verschmolzen, erzählt Ambacher. Durch Hauttransplantationen gelang es, dass er sein Bein wieder bewegen und sogar gehen konnte.

Dankbarkeit der Menschen ist "unglaublich zu sehen"

"Ein Patient hatte eine Verbrennung an der Hand und konnte deshalb nicht mehr arbeiten, weshalb ihn auch seine Frau verlassen hatte", sagt die Kinderkrankenschwester aus Hülben (Landkreis Reutlingen). "Durch die Operation kann er nun wieder seinen Job ausüben." Bei anderen wurden Fettgewebsgeschwulste unter der Haut, sogenannte Lipome, entfernt, die riesig werden können, wenn sie nicht behandelt werden. Für die 25-Jährige war es bewegend, dass viele Patienten nach der Operation trotz Schmerzen strahlten und sich überschwänglich bedankten.

"Es ist unglaublich zu sehen, wie dankbar hier alle Menschen sind."

Weil es der christlichen Organisation wichtig ist, nicht nur kurzfristige Hilfe zu leisten, arbeitet sie eng mit den Krankenhäusern vor Ort zusammen, und bietet dem medizinischen Fachpersonal Fortbildungen an. So sind zum Beispiel einheimische Chirurgen mit im Operationssaal und es gibt Dummy-Puppen und andere Simulationsmöglichkeiten, an denen das Gelernte geübt werden kann.

Insgesamt bietet die "Global Mercy" Platz für 641 Crewmitglieder aus Medizin, Technik und anderen Bereichen mit ihren Familien. Neben der "Global Mercy" unterhält "Mercy Ships" die "Africa Mercy", die derzeit im Hafen von Toamasina in Madagaskar liegt. Hauptsitz der Organisation ist Lindale in Texas, außerdem gibt es 16 Länderbüros - darunter auch eines im bayerischen Landsberg am Lech.

Ausschließlich durch Spenden finanziert

Die Arbeit von Mercy Ships trägt sich ausschließlich durch Spenden. Seit mehr als 45 Jahren ist Mercy Ships an verschiedenen Orten der Welt unterwegs - heute liegt der Fokus ausschließlich auf den Ländern Subsahara-Afrikas. Gegründet wurde es 1987 von dem Ehepaar Deyon und Don Stephens im schweizerischen Lausanne. Seitdem konnten laut Organisation mehr als 100.000 Operationen vorgenommen werden, knapp drei Millionen Menschen profitierten von der Arbeit.

Ende März ist Friederike Ambachers unbezahlter Urlaub, den sie für ihren Einsatz auf dem schwimmenden Krankenhausschiff von ihrem Arbeitgeber erhalten hat, zu Ende. Es geht dann wieder zurück an die Universitätsklinik Tübingen, wo sie als Kinderkrankenschwester auf der onkologischen Station arbeitet. Die Zeit auf dem Schiff, die ihr "viel Kraft und positive Energie" gegeben habe, werde ihr helfen, wieder gut im Alltag in Deutschland zu starten, ist sie zuversichtlich.

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