Um als Wirtschaftssystem weiter erfolgreich zu sein, muss der Ordnungsrahmen der sozialen Marktwirtschaft laut Expertenmeinung reformiert werden. "Bereits vor der Corona-Krise gab es eine Vielzahl großer Herausforderungen, die institutionelle Veränderungen notwendig machen, wie zum Beispiel der Klimawandel, die Digitalisierung, der demografische Wandel und eine internationale Verschiebung wirtschaftlicher Gewichte", sagte die Ökonomin Sarah Necker im Gespräch mit dem Sonntagsblatt.

Pandemie und Krieg verschärfen die Lage

Die Pandemie und der Krieg in der Ukraine hätten viele dieser Herausforderungen noch verschärft. Sie bremsen die wirtschaftliche Entwicklung und belasten die Staatshaushalte, sagte Necker. Daher müssten die Regeln, die der Staat festsetzt, um den Wettbewerb und wirtschaftliches Handeln zu gewährleisten, angepasst werden.

Welche Reformen vorgenommen werden müssen, wird nun auch in Fürth erforscht. Necker leitet dort ab Juni das neue ifo-Zentrum für Soziale Marktwirtschaft und übernimmt eine Professur für Volkswirtschaftslehre an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Sarah Necker
Sarah Necker leitet ab Juni das neue ifo Zentrum für Soziale Marktwirtschaft in Fürth und übernimmt eine Professur für Volkswirtschaftslehre an der Friedrich-Alexander-Universität.

Das ifo-Forschungszentrum wolle Antworten auf die Frage liefern, wie sich die wirtschaftspolitischen Herausforderungen, vor denen die soziale Marktwirtschaft derzeit steht, am besten bewältigen lassen.

Necker fügte hinzu:

"Schon die Gründerväter betonten, dass die soziale Marktwirtschaft kein fertiges System ist."

Heute lebten die Menschen in einer sehr viel komplexeren und vernetzten Welt. Viele Probleme, wie etwa der Klimawandel oder die Corona-Pandemie, ließen sich nur durch internationale Koordination lösen.

Subventionen auf den Prüfstand

Das wichtigste Instrument für einen effektiven Klimaschutz beispielsweise sei ein einheitlicher CO2-Preis, der alle Sektoren umfasse und nach Möglichkeit global umgesetzt werde. Alle weiteren staatlichen Maßnahmen sollten laut Necker darauf ausgerichtet sein, den CO2-Preis zu flankieren. Necker forderte:

"Die existierenden Subventionen für Umweltschutz sollten ebenso wie Subventionen für klimaschädliches Verhalten auf den Prüfstand."

Dennoch habe der Staat eine wichtige Funktion bei der Bewältigung des Klimawandels, indem er beispielsweise Forschung und Entwicklung neuer Technologien fördert oder die negativen Verteilungswirkungen einer CO2-Bepreisung abfedert.