Seit Mai ist Brian Aliganyira mit seiner Klinik unter ständiger Beobachtung. Denn bei "Ark Wellness Hub" in Ugandas Hauptstadt Kampala werden vor allem Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender behandelt. Seit eines der weltweit schärfsten Anti-Homosexuellen-Gesetze in Kraft ist, herrscht noch mehr Unsicherheit und Angst.

Unsicherheit wegen des Anti-Homosexuellen-Gesetzes

Drei seiner Angestellten hätten bereits gekündigt, sagt Aliganyira, der die Klinik 2019 gegründet hat. "Ihre Sorge war, was passiert, sollte herauskommen, dass sie hier arbeiten", erklärt er. Denn eine der Schwierigkeiten sei, dass niemand so richtig sicher sei, wie die Gesetzestexte ausgelegt werden könnten.

"Wir sind zwar noch nicht aktiv an der Ausübung unserer Arbeit gehindert worden, aber es ist, als ob ein Dominoeffekt losgetreten wurde."

Kunden hätten Angst, die Dienste der Klinik in Anspruch zu nehmen, das Personal habe Angst, seine medizinischen Lizenzen zu verlieren. "Es gibt, glaube ich, niemanden, der seine Zulassung verloren hat, weil er queere Menschen behandelt hat. Aber das ist die Sorge, die die Mitarbeiter hier umtreibt."

Beratung von queeren Menschen auch verboten

Grund dazu gibt es allemal. Denn nicht nur sind die vorgesehenen Strafen für Angehörige sexueller Minderheiten besonders hoch, bis hin zur Todesstrafe. Auch die "Förderung von Homosexualität" ist verboten. Darunter fällt Beratung und Unterstützung von queeren Menschen, ebenso wie das Vermieten von Räumen an LGBT-Personen oder Organisationen.

Im Juli suchten Mitarbeiter der Kontrollbehörde für nicht staatliche Organisationen die Klinik auf, berichtet Aliganyira. Ihnen war gemeldet worden, dass Mitarbeiter der Klinik an unmoralischen Taten und der Rekrutierung Minderjähriger für homosexuelles Verhalten beteiligt seien. Da helfe auch die jüngste Zusicherung der Regierung nur wenig, die sexuellen Minderheiten diskriminierungsfreien Zugang zu medizinischer Versorgung garantiert.

Die Klinik hat sich auf Prävention und Behandlung von HIV und Aids sowie andere sexuell übertragbare Krankheiten spezialisiert, versorgt aber auch Patienten mit psychischen Problemen oder Drogensucht. Das Personal geht zwar offen damit um, dass es vor allem queere Menschen versorgt. Aber um in der Nachbarschaft nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen, gibt es keine Schilder, und der Eingang liegt versteckt in einem verschachtelten Treppenhaus.

Angst vor Repressionen

Seit dem neuen Gesetz hätten auch die Lieferanten Angst, die Klinik mit Material wie Kondomen, Gleitmitteln und HIV/Aids-Medikamenten zu beliefern, sagt Aliganyira. "Niemand möchte seine Unterschrift auf die Dokumente setzen, aus Angst für Förderung von Homosexualität belangt werden zu können."

Selbst internationale Partner zögerten, Geld bereitzustellen, da unklar sei, ob es noch legal sei, diese Arbeit zu unterstützen.

"Das hat dazu geführt, dass LGBT-Gesundheitseinrichtungen kaum noch vorausplanen können", sagt Aliganyira.

Doch Medikamente müssten bestellt, Gehälter und Mieten gezahlt sowie Behandlungspläne erstellt werden.

"Das Gesundheitssystem verlangt zudem die Speicherung von medizinischen Daten", erläutert Aliganyira. Das halte besonders LGBT-Personen davon ab, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, was wiederum lebensbedrohlich sein könne.

Weltbank will keine Projekte mehr unterstützen

Auch große Geldgeber wie die Weltbank oder das von der US-Regierung finanzierte HIV/Aids-Programm Pepfar wollen vorerst keine neuen Projekte in Uganda unterstützen. Das trifft nicht nur die LGBT-Community. "Ugandas Gesundheitssektor, vor allem der Bereich der HIV/Aids-Bekämpfung, ist in hohem Maße von ausländischer Finanzierung abhängig", sagt Justine Balya von der ugandischen Menschenrechtsorganisation HRAPF. Wie sich die potenziell anstehenden Budgetkürzungen auswirken könnten, sei zwar noch unklar. Doch bereits jetzt gebe die ugandische Bevölkerung vor allem der LGBT-Community die Schuld für die Kürzungen.

Brian Aliganyira hat inzwischen drei neue Angestellte. Im Nebenraum wertet eine einen Malariatest aus und blickt dafür konzentriert durch ein Mikroskop. Das neue Personal anzulernen, koste zwar Zeit und Ressourcen, sagt Aliganyira. Doch zu schließen sei keine Option: "Wo sollen unsere Patienten denn sonst hin?"

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