Hannover und Bremen haben bereits Energie-Härtefallfonds, Niedersachsen, Berlin, Thüringen und Sachsen wollen sie einrichten. Sie sollen helfen, dass weniger Menschen wegen Zahlungsverzug Strom und Gas abgestellt werden.
So hat das Land Niedersachsen angekündigt, gemeinsam mit Kommunen und Energieversorgern 150 Millionen Euro für lokale Härtefallfonds bereitzustellen. Wegen der bedrohlichen Folgen der Inflation für ärmere Haushalte sollen sie bundesweit ausgebaut werden.
Überwindet Krise nicht, aber lässt Ärmste nicht abstürzen
Patrick Brammer, SPD-Fraktionsvorsitzender im Rat der Stadt Celle, befürwortet die Pläne der niedersächsischen Landesregierung: "Ein Härtefallfonds ist ein sinnvolles sozialpolitisches Korrektiv, der nicht die Krise als solche überwindet, aber die Schwächsten unter uns nicht vollends abstürzen lässt."
Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) dringt ebenfalls auf die Einrichtung eines Härtefallfonds - als Ergänzung zu den geplanten Entlastungspaketen des Bundes.
"Das muss Realität werden."
Es müsse noch darüber diskutiert werden, in welcher Höhe und für welche Haushalte der Fonds kommen soll.
Härtefallfonds sind "Erfolgsmodell"
In Hannover wird schon lange Bürger*innen mit Energieschulden gezielt geholfen. In diesem Jahr feierte dort der enercity-Härtefonds sein zehnjähriges Bestehen. Aus dem Finanztopf, der von der Stadt und den Stadtwerken verwaltet wird, werden auf Antrag Menschen unterstützt, die unverschuldet in finanzielle Armut geraten sind.
"Ein Erfolgsmodell, das auch in anderen Städten Beachtung findet", ist auf der Homepage von enercity zu lesen. Das Konzept scheint zu funktionieren: "Über die finanziellen Zahlungen hinaus haben wir bisher mehr als 10.000 drohende Sperrfälle abwenden können", sagte Rainer Raddau, Vorsitzender des Fonds.
Dass das dringend nötig ist, zeigen die Daten: Im Jahr 2020 wurde bundesweit 230.015 Haushalten der Strom gekappt. Das geht aus dem Monitoringbericht 2021 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt hervor. 24.000 Sperrungen gab es beim Gas.
Lernen, ohne Rad neu zu erfinden
Der Berliner Senat hat einen Härtefallfonds in Höhe von 380 Millionen Euro angekündigt. Ob der Betrag ausreicht, bleibt offen. Denn die konkrete Ausgestaltung des Fonds ist noch nicht bekannt. Die Berliner Arbeiterwohlfahrt (AWO) hat dazu eigene Vorschläge präsentiert - und sich dafür bestehende Programme in Bremen und Hannover angeschaut. "Aus diesen Erfahrungen und Strukturen kann Berlin lernen, ohne das Rad umständlich neu erfinden zu müssen", sagte AWO-Pressesprecher Markus Galle dem Evangelischen Pressedienst (epd).
"Im Ergebnis konnten die Energiesperren in der Stadt Hannover um 45 Prozent reduziert werden", bilanziert Galle. Der Fonds nehme den Menschen viele existenzielle Ängste:
"Ein Aspekt, der oftmals zu Unrecht sehr wenig Beachtung findet."
Bremerinnen und Bremer, die wegen Zahlungsrückständen mit einer Strom-, Gas oder Wassersperre rechnen müssen, können bereits seit 2021 Hilfe aus einem Härtefallfonds des Landes bekommen. Der Fonds wird über den Landeshaushalt finanziert und Zahlungen werden direkt an die Versorgungsunternehmen weitergeleitet. "Wichtig zu wissen ist, dass der Fonds grundsätzlich nur einmalig genutzt werden kann", erklärte Andrea Klähn, die bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport die Themen Miet- und Energieschulden verantwortet.
Menschen sofort helfen
In Berlin dränge die Zeit, betont AWO-Sprecher Galle. Er warte auf die Details, wie der Senat den Fonds ausgestalten will.
"Dann können bereits ab September erste Gelder fließen. Grundsätzlich muss gewährleistet sein, dass den Menschen sofort mit Zustellung der Jahresabrechnungen geholfen wird."
Doch Einmalzahlungen alleine reichen nicht, betonen Experten. "Natürlich geht es zunächst darum, die drohende Sperre zu verhindern", erklärte Annabel Oelmann, Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen. Wichtig sei jedoch, die Energiebudgetberatung auszubauen.
"Nur so lässt sich die Lage dauerhaft verbessern."