Drei Monate lang hat die Bundesrepublik Deutschland ein Experiment gewagt: Öffentlicher Personennahverkehr für einen erschwinglichen Preis. Was angesichts der Klimakrise, die zu einem großen Teil auch eine Verkehrskrise ist, eigentlich naheliegend erscheint, ist hierzulande noch immer revolutionär. 

Mobilität bedeutet in Deutschland Auto

Denn Mobilität bedeutet in Deutschland nach wie vor fast immer und vor allem: Autos. Völlig verständlich, schließlich wurde der ÖPNV jahrzehntelang dermaßen kaputtgespart, dass er in vielen Gegenden keine sinnvolle Alternative zum Individualverkehr darstellt, schon gar nicht auf dem Land. 

Daran hat das 9-Euro-Ticket natürlich erstmal nicht viel geändert. Aber immerhin waren Busse, Bahnen und Trams vorübergehend für fast alle erschwinglich. Denn neben dysfunktional ist der öffentliche Nahverkehr in Deutschland noch etwas: Viel zu teuer. 

9-Euro-Ticket zeigt, wie es gehen kann

Das 9-Euro-Ticket hat mal eben gezeigt, wie Nahverkehr auch sein kann: Günstig. Und unkompliziert: Denn egal, ob in München, Berlin, Nürnberg oder Reutlingen: Überall konnte der Fahrgast in öffentliche Verkehrsmittel steigen, ohne sich in komplizierte Tarifsysteme und Sonderregelungen der jeweiligen Region einlesen zu müssen. Billig und einfach – genau so macht man den Nahverkehr attraktiv

Und das ist in jeder Hinsicht das richtige Signal: Den ÖPNV attraktiv machen. Deshalb sollte eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets eigentlich ein Selbstläufer sein, ein No-Brainer, wie der Angelsachse sagt. Doch leider nicht in Deutschland. Statt etwas, das sich bewährt hat, ohne großes Herumgeeiere beizubehalten, streitet die Politik nun darüber, ob und wenn ja, in welcher Form das Ticket fortgesetzt werden kann.

Ablehnung der Verlängerung ist ideologisch

Allen voran Finanzminister Christian Lindner wehrt sich mit Händen und Füßen gegen eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets. Das mag mit Blick auf die Wählerschaft der FDP logisch sein, um nicht zu sagen: ideologisch. Rein inhaltlich ist es jedoch erbärmlich.

Da wird ernsthaft als Argument angeführt, das Ticket werde ja nicht von allen Bürger*innen genutzt, daher sei es unsozial, es durch Steuern zu finanzieren. Wäre dem so, müsste man allerdings Straßen, Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und Altenheime sofort von jeglicher steuerlicher Finanzierung ausschließen. Aber bringen wir den Finanzminister mal lieber nicht auf dumme Ideen...

Das Geld ist da – wenn man will

Fakt ist: Geld ist da. Das hat die Bewilligung von 100 Milliarden Euro zur Ausrüstung der Bundeswehr klar gezeigt. Wenn überhaupt etwas fehlt, ist es der politische Wille. Das jedoch ist in einer Gesellschaft, in der Mobilität eine zentrale Rolle spielt, fatal. 

Und nein, das 9-Euro-Ticket löst die strukturellen Probleme des ÖPNV vor allem in ländlichen Regionen nicht. Auch darüber muss gesprochen werden. Aber das ändert nichts daran, dass die Verlängerung erfolgen muss, und zwar zeitnah und unkompliziert.