Für sie kam es doppelt schlimm: Im Dezember 2019 starb ihr Mann, kurz darauf bremste die Corona-Pandemie das Leben aus. "Ich war total isoliert", erinnert sich die 64-jährige Lehrerin aus dem vorderpfälzischen Grünstadt. Sie war in ihrer Trauer auf sich allein gestellt, ihre entfernt wohnenden Kinder und Enkelkinder oder Freunde konnte sie nicht mehr sehen.

"Ich hatte Angst, krank zu werden", sagt sie.

Die Frauenärztin gab den Tipp: Da sind andere, die ebenfalls einen nahestehenden Menschen verloren haben. Sie treffen sich in der Pfalz und Saarpfalz über ein Netzwerk offener Trauertreffs oder fester Trauergruppen, die von haupt- oder ehrenamtlichen Trauerbegleiterinnen und -begleitern betreut werden.

Sie tauschen sich aus, geben sich gegenseitig Halt in ihrem Schmerz. Die Lehrerin aus Grünstadt machte einen Trauerkurs, besuchte eine Trauergruppe im nahe gelegenen Bad Dürkheim - und blieb.

Feste Trauergruppen

Fast alle Mitglieder ihrer Trauergruppe sind um die 60 Jahre alt, haben einen Partner verloren. "Wir sind wie eine Familie, man fühlt sich geborgen", sagt die Lehrerin. Man dürfe im Kreis der Trauernden "weinen, traurig sein". Aber man spüre auch wieder das Leben und lerne, mit dem persönlichen Verlust umzugehen. Neue Freundschaften seien entstanden, mancher habe auch einen neuen Partner gefunden, berichtet sie.

Ganz wichtig sei die Unterstützung geschulter Trauerbegleiter: Diese seien in schweren Stunden für die Trauernden da, versuchten achtsam, sie aufzurichten. Rund 110 Frauen und etwa 15 Männer engagierten sich derzeit als ehrenamtliche Trauerbegleiter in dem Netzwerk, ausgebildet werden sie über die Ökumenische Hospizhilfe Pfalz/Saarpfalz.

Trauerbegleiter

Auch einem 64-jährigen Ingenieur aus dem vorderpfälzischen Haßloch haben Treffen in einer von Trauerbegleiterinnen und -begleitern moderierten Gruppe in Bad Dürkheim geholfen, "wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen". Als seine Frau vor vier Jahren starb, suchte er Kontakt zur Gruppe, die sich noch immer monatlich trifft und sich über eine Chatgruppe austauscht.

Mit Außenstehenden könne man oft nicht über die eigene Trauer sprechen, erzählt der Ingenieur. "Wer den Verlust nicht erlebt hat, kann es nicht nachvollziehen." In der Trauergruppe hingegen fühle er sich aufgehoben. "Die Trauer wird erträglicher, aber sie hat kein Ende", sagt der Witwer, der in der Gruppe eine neue Lebenspartnerin gefunden hat.

"Wir wollen Trauernden keine Ratschläge geben, sondern sie zum Leben begleiten", sagt Christa Hoffmann. Gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen betreut sie Trauergruppen und einen offenen Trauertreff, die beim Hospizdienst der AWO Pfalz in Bad Dürkheim angeschlossen sind.

"Wir wollen Betroffenen zuhören, was sie wollen, ihnen aber nichts überstülpen", ergänzt ihre Kollegin Ute Krämer-Frietsch.

Tabu-Themen Sterben

Für viele Menschen sei es noch immer ein Tabu, über die Themen Sterben und Trauer zu sprechen, berichten die Trauerbegleiter. Ärzte, Kommunen oder Kirchengemeinden gäben Informationen über Trauergruppen. "Der erste Schritt muss aber von den Trauernden ausgehen", sagt Trauerbegleiterin Irmgard Banspach.

Noch immer nutzten mehr Frauen als Männer die Angebote in Gruppen oder Einzelgesprächen, ergänzt Trauerbegleiter Erhard Reinholz. Wenn Trauernde doch nicht mehr "aus dem Loch herauskommen", vermittle man etwa psychologische Hilfe.

Auch Fragen von Glauben und Religion kommen in der Begleitung von Trauernden auf, berichten die vier Trauerbegleiter aus Bad Dürkheim. "Durch die Trauer öffnen sich manche spirituell", sagt Christa Hoffmann.

Auf die Treffen in ihren Trauergruppen und gelegentlichen Kontakten zu den Trauerbegleitern wollen die Lehrerin aus Grünstadt und der Ingenieur aus Haßloch nicht verzichten. "Ich kann nur jedem raten, Trauerbegleitung in Anspruch zu nehmen", empfiehlt die Lehrerin.

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