Ein Lahmer am Königstisch - 2. Samuel 4, 4
Sauls Sohn Jonatan, einer guter Freund Davids, hatte einen Sohn Namens Mefi-Boschet. Als König Saul und Jonatan in einer Schlacht mit den Philistern umkamen, war Mefi-Boschet erst fünf Jahre alt. Seine Amme erfuhr von dem Unglück und versuchte so schnell wie möglich zu fliehen. Sie nahm den kleinen Jungen auf den Arm, und "während sie eilends floh, fiel er hin und war fortan lahm". Als David selbst König geworden war, holte er den Sohn seines Freundes zu sich, und Mefi-Boschet "wohnte hinfort in Jerusalem, er aß täglich an des Königs Tisch. Und er war lahm an seinen beiden Füßen." (2. Samuel 4, 4)
"Während sie eilends floh, fiel er hin und war fortan lahm."
Der betrogene Blinde - 1. Mose 27, 1 ff.
Als Isaak alt geworden war, erblindete er. Sein Sohn Jakob nutzte die Behinderung seines Vaters aus, um sich von ihm den Erstgeburtssegen zu erschleichen. Verkleidet mit Fell um die Hand, um die behaarte Haut seines Bruders nachzustellen, und in dessen Kleidern kam Jakob zu Isaak und brachte ihm sein Lieblingsessen. Isaak war zunächst verdutzt, denn er hörte die Stimme seines jüngeren Sohnes. Zweifelnd betastete er das Fell um Jakobs Hand und stellte fest: "Die Stimme ist Jakobs Stimme, aber die Hände sind Esaus Hände." Als er Jakob schließlich umarmte, roch er den Geruch von Esaus Kleidern und segnet den jüngeren Sohn wie einen Erstgeborenen. (1. Mose 27, 1 ff.)
"Als Isaak alt geworden war und seine Augen zu schwach zum Sehen wurden, rief er Esau, seinen älteren Sohn."
Ausgrenzung und Schutz Benachteiligter - 3. Mose 21, 16 ff.; 3. Mose 19, 14; Sprüche 31, 8
Behinderte Menschen lebten meist am Rand der Gesellschaft und waren auf die Unterstützung der Gesellschaft angewiesen. Von wichtigen Aufgaben wie dem Tempel- oder Kriegsdienst waren sie ausgeschlossen. Man nahm ihre Defizite als "Fehler" wahr. In den Vorschriften für Priester heißt es: "Wenn einer einen Fehler hat, der soll nicht herzutreten, um zu opfern." Dann folgt eine Aufzählung solcher "Fehler": Blindheit und Lähmungen, ein entstelltes Gesicht, "ein weißer Fleck im Auge"; aber es genügte auch schon "eine gebrochene Hand" oder ein Buckel. Zugleich gab es jedoch auch damals schon Regeln zum Schutz behinderter Menschen: "Du sollst dem Tauben nicht fluchen und sollst vor den Blinden kein Hindernis legen, denn du sollst dich vor deinem Gott fürchten", heißt es da zum Beispiel. (3. Mose 21, 16 ff., 3. Mose 19, 14, Sprüche 31, 8)
"Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind."
Blindheit trotz vorbildlicher Lebensführung - Tobias 2, 2 ff.
Tobias war ein gottesfürchtiger Mann. Streng hielt er sich an alle Regeln des Glaubens und sorgte unter anderem dafür, dass unter der Fremdherrschaft ermordete Israeliten ordentlich begraben wurden. Als er eines Tages müde von so einem Begräbnis nach Hause kam, legte er sich an eine Mauer und schlief ein. Unglücklicherweise hatten Schwalben direkt über ihm ein Nest gebaut. "Da ließ eine Schwalbe aus ihrem Nest ihren heißen Dreck auf seine Augen fallen; davon wurde er blind." Warum trifft einen solch gottergebenen Mann ein solcher Schicksalsschlag? Die Bibel gibt eine merkwürdig klingende Antwort: "Diese Prüfung aber ließ Gott über ihn kommen, damit die Nachwelt an ihm ein Beispiel der Geduld hätte wie an dem heiligen Hiob." (Tobias 2, 2 ff.)
"Wie er von Jugend auf Gott gefürchtet hatte, so wurde er auch jetzt nicht bitter gegen Gott, weil er ihn hatte blind werden lassen."
Heilung ohne Mitleid - Lukas 5, 18 ff.
Jesus geht ganz offen und selbstverständlich mit behinderten Menschen um. Der Kontakt findet ohne jedes mitleidige Gehabe auf Augenhöhe statt. Die Heilungsgeschichten, die man von ihm erzählt, berichten auch davon, wie Menschen, die lange Zeit Ausgrenzung erfahren mussten, wieder zurück in die Gemeinschaft finden. Als eines Tages ein Gelähmter durch das Dach vor Jesu Füße heruntergelassen wurde, bemerkte Jesus sofort, wie groß die Hoffnung und der Glaube dieser Menschen sein musste. Er sprach dem Gelähmten Vergebung zu, sodass auch den Umstehenden klar war: Dieser Mensch gehörte nun wieder mitten in die Gemeinschaft. Der Rest ging dann fast wie von selbst. Jesus sagte einfach nur: "Steh auf, nimm dein Bett und geh heim! Und sogleich stand er auf … und nahm das Bett, auf dem er gelegen hatte, und ging heim und pries Gott." (Lukas 5, 18 ff.)
"Einige Männer brachten einen Menschen auf einem Bett; der war gelähmt."
Sind Behinderungen Strafe für begangene Sünden? - Johannes 9, 2 f.
Sind Krankheiten und Behinderungen die Strafe für vorangegangenes Fehlverhalten oder gar das Fehlverhalten der Eltern? Viele Menschen zu biblischer Zeit dachten so. Schon Hiob musste sich gegen derartige Vorwürfe vonseiten seiner Freunde wehren. Und auch die Jünger Jesu fragten sich, als sie einem Blindgeborenen begegneten: "Wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist?" Jesus aber belehrt sie: "Es hat weder dieser gesündigt noch seine Eltern, sondern es sollen die Werke Gottes offenbar werden an ihm." (Johannes 9, 2 f.)
"Wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist?"
Die Stärke der Schwachen - 2. Korinther 12, 2 ff.; 2. Korinther 11, 30; 12, 10
Paulus, der vielleicht selbst körperlich beeinträchtigt war - in der Bibel finden sich mehrere Hinweise darauf, dass er wohl von eher schwacher Konstitution war -, betont den Wert jedes Einzelnen für die Gemeinschaft. "Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo bliebe das Gehör?", fragte er. "Das Auge kann nicht sagen zu der Hand: Ich brauche dich nicht." So wie der Körper all seine Teile zum Funktionieren brauche, so brauche die Gemeinschaft auch alle Mitglieder - und manchmal seien es gerade die Schwachen, die zum Gelingen am meisten beitragen. Und auch er selbst schämte sich seiner Schwächen nicht, sondern betonte provozierend: "Wenn ich mich denn rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen … denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark." (2. Korinther 12, 2 ff., 2. Korinther 11, 30)
"Denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark."