Um die Zeit rund um Ostern rankt sich von alters her ein vielfältiges Brauchtum, das vor allem in Franken weit verbreitet ist und nicht selten auch eine christliche Bedeutung hat. Am bekanntesten ist dabei wohl die Tradition von prächtig gestalteten Osterbrunnen.

Osterbrunnen: Wasser soll hohe Segenskraft besitzen

In zahlreichen Dörfern und Städten werden jedes Jahr zur Osterzeit Brunnen oder Quellen mit einer Vielzahl von Eiern, Blumen, Kränzen und Girlanden, die meist in Form einer Krone angeordnet werden, geschmückt. Dahinter steht die Überzeugung, dass das Wasser, das an Ostern geschöpft wird, eine besonders hohe Heil- und Segenskraft besitzt, weiß Kreisarchivpfleger Adrian Roßner aus Zell im Fichtelgebirge – einer der jüngsten Heimatforscher Bayerns.

Bis zur modernen Wasserversorgung mit Hochdruckwasserleitungen im Rahmen der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Wasser über Röhren in die Städte hineingeleitet und in sogenannten Röhrenkästen oder aufwändigen Brunnen gesammelt. So waren die Brunnen zur damaligen Zeit elementare Bestandteile der Stadtgesellschaft, aus denen man Wasser für das tägliche Leben schöpfte oder auch Brände löschte, und damit unabdingbare Voraussetzung für das Leben von Mensch und Tier.

"Diese Bedeutung des Wassers als Lebensspender und Lebensgarant wollte man nun in den Mittelpunkt stellen und zelebrieren, indem man früher alle Brunnen der Stadt einmal im Jahr zu Ostern schmückte. Heute schmückt man meist nur noch einen Brunnen in den Dörfern oder Städten",

erklärt Adrian Roßner, "die Menschen wollten sich dankbar zeigen für das, was die Natur oder Gott gibt, und natürlich für das Wasser als Geschenk der göttlichen Schöpfung."

Wasser als Arznei und Schutz

Ostern steht dabei nicht nur für den Neubeginn nach dem langen Winter, für die "Auferstehung" und die neue Kraft der Natur, sondern in erster Linie für die Auferstehung Jesu Christi. Dem Wasser, das im Rahmen der Auferstehung geschöpft wird, wird eine besonders heilsstiftende Wirkung zugeschrieben. Im März gilt das Wasser aufgrund der fehlenden Sonneneinstrahlung als sehr rein und sauber und kann deshalb auch seine Kraft gegen Krankheiten entfalten.

Der Volksglaube besagte zudem, dass das Wasser, das an Ostern schweigend geholt wurde, einen schützenden Charakter besitze: Man konnte es verwenden, um sich zu waschen und seine Tiere zu tränken, aber auch als Arznei für sich selbst oder als Schutz für sein Haus.

Schriftliche Belege reichen weit zurück

Einer der ältesten schriftlichen Belege für die Tradition der Osterbrunnen im ehemaligen Bayreuther Markgrafentum findet sich in der "Bavaria" von Joseph Heyberger, einem topographisch-statistischen Handbuch des Königreichs Bayern:

"Eine sonderliche Verehrung der Brunnen findet im Bayreuthischen mit Kränzen, Moos und Bäumchen statt."

Damals hatte man die Osterbrunnen nicht mit Eiern, sondern meist mit grünen Girlanden, Moss und Bäumchen, vor allem Fichten, geschmückt. Das Grün wies auf die Natur und das Leben hin, während die Dreiecksform der Fichte Fruchtbarkeit und Kraft sowie die Heilige Dreifaltigkeit symbolisieren sollte.

"Eier waren zur damaligen Zeit nicht in der Masse verfügbar, sodass man sie als wertvolles Lebensmittel nicht vergeuden wollte",

sagt Adrian Roßner, "das hat sich erst im späten 19. Jahrhundert geändert und die Osterbrunnen wurden zunehmend mit Eiern geschmückt."

Brauch der Osterbrunnen noch heute verbreitet

Und das kommt nicht von ungefähr, denn das Ei gilt als eines der wichtigsten Symbole des Osterfestes und steht für neues Leben mitten im Tod und damit für die Auferstehung Jesu Christi. Schon nach der Herbstkerwa des vorangegangenen Jahres hatte man damit begonnen, die Eier zu sammeln, auszublasen und sie im Winter zu färben. Meist am Ostersamstag wurden dann die Brunnen von den jungen Männern im Dorf gereinigt und schließlich geschmückt.

Noch heute ist der Brauch der Osterbrunnen vor allem in ländlichen Gegenden – vorwiegend in der Fränkischen Schweiz –  weit verbreitet. De Aufgabe des Eierfärbens und der Gestaltung der Osterbrunnen liegt meist in den Händen einzelnen Vereine. Ein großer und bedeutender Osterbrunnen steht in Bieberbach bei Egloffstein in der Fränkischen Schweiz. Er hat es mit rund 11.000 Eiern schon einmal als größter Osterbrunnen der Welt ins Guinnessbuch der Rekorde geschafft.