Ostereier, wohin das Auge schaut. Rote, blaue, gelbe, grüne, orange- und lilafarbene Kunstgebilde reihen sich auf Drähten, winden sich um Zweige, hängen an Büschen wie Perlen an einer Kette. Jedes der etwa 13 000 Eier ist echt und handbemalt.

"Wir bemalen eigentlich das ganze Jahr Eier", sagt Roswitha Fuchs, die Brunnenzuständige. Vier Wochen vor Ostern beginnt die Zeremonie: Der Brunnen wird vom Unrat des Winters befreit, gesäubert und geputzt, danach mit Buchs, Thuja und Eibe verziert. "Alle helfen zusammen, sonst wäre es nicht zu schaffen", sagt Roswitha Fuchs.

Heimische Künstlerwerkstatt

Bis die Tausende von Eiern daran befestigt sind, dauert es noch einmal ein paar Tage. "Jedes Jahr im Frühjahr stellen wir dann fest, dass es weniger Eier geworden sind", sagt Fuchs. Sei es, dass Wind und Wetter den Eiern zusetzten, sei es, dass Besucher den Eiertest machten.

"Viele glauben gar nicht, dass es echte Eier sind", erklärt Roswitha Fuchs. Mit den Händen werde dann geprüft, und dabei gehe oft eines der zerbrechlichen Gebilde kaputt. Deshalb betätigen sie und sechs weitere Frauen sich das gesamte Jahr über als Osterhase. Regelmäßig treffen sie sich in einer kleinen Wohnung, ihrer Künstlerwerkstatt, um für den Eiernachwuchs zu sorgen.

"Zwei Stunden brauche ich, um ein Ei zu bemalen", sagt Rita Götz. Zuvor müssen sie noch ausgeblasen, gehärtet und mit einer der sechs Farben grundiert werden. Erst dann beginne die Feinarbeit.

Rita Götz hat sich auf biblische Motive spezialisiert. Damit sie ausreichend Platz für ihre Bildgeschichten hat, habe sie Gänseeier genommen. Die seien etwas größer und die Schale härter. In altmeisterlichem Stil hat sie auf diese Weise 60 Eier bemalt und das gesamte Kirchenjahr von Advent bis zu Maria Verkündigung aufs Ei gebannt.

Pinsel mit nur sieben Haaren

"Die Tempelreinigung ist mein Lieblingsei", sagt sie. Als Vorlage dienten ihr Zeichnungen einer Nonne, die sie im Schulmuseum fand. Auch im Stadtarchiv ist sie fündig geworden: Hier entdeckte sie historische Zeichnungen von Wilhelm Busch. Seine "Kuchenteig-Geschichte" findet man nun säuberlich auf Ostereier gezeichnet.

Manchmal nehme sie einen Pinsel, der nur sieben Haare hat, um die feinen Motive wie Blumen, heimische Tiere, Hummelfiguren, Max und Moritz, Engelchen, Muttergottesfiguren und Kirchengebäude detailgetreu abbilden zu können, sagt sie.

Die zahlreichen Ostereier geben dem kleinen Park der "Franz-Fischer-Siedlung für Stahlarbeiter" ein märchenhaftes Aussehen. Wie er da zu Füßen der ehemaligen Villa für Generaldirektoren am Maxhütte-Standort liegt, wirkt er wie aus der Zeit gefallen. Anfang der 1950er-Jahre wurde der kleine Park mit Brunnen angelegt. Rosen wuchsen dort, und Bänke säumten seine Wege. Er sollte den zahlreichen Stahlarbeitern und Bergleuten, die stetig zuzogen, eine Oase der Erholung bieten.

Wettstreit mit Franken

Längst werden die Stahlarbeiter nicht mehr gebraucht. Die Maxhütte hat vor 15 Jahren ihre Werkstore geschlossen. Aber die gigantische Industrieruine am Ortsausgang erinnert noch immer an diese Ära. Und ohne die Maxhütte gäbe es auch den Arbeiter- und Kameradschaftsverein nicht.

Ein wenig habe sich der ursprünglich aus dem Fränkischen stammende Brauch des Osterbrunnens zum Wettrennen entwickelt, sagt Fuchs. Sulzbach-Rosenberg und Bieberbach in der Fränkischen Schweiz lieferten sich regelmäßig ein Kopf-an-Kopf-Rennen. 2005 schmückten die Oberpfälzer ihren Osterbrunnen mit genau 16 501 Eiern - und schafften es damit sogar ins Guinness-Buch der Rekorde.

Nach dem Rekordjahr folgte ein Jahr später die Ernüchterung: Die Bieberbacher standen wieder an der Spitze.

Brunnenbeauftragte Roswitha Fuchs zeigt ihre Schätze.
Brunnenbeauftragte Roswitha Fuchs zeigt ihre Schätze.