Der 1963 in München geborene Theologe, lange Zeit Synodalbeauftragter für den Kirchentag, hatte anscheinend auch nichts zu verlieren: Nach langjährigen beruflichen Konflikten, dem Auseinanderbrechen von Freundschaften über den richtigen Umfgang mit der Corona-Pandemie und dem Tod der Mutter war Eckert im vergangenen Jahr "reif" für eine Auszeit, die er sich in einem 40-tägigen Klosteraufenthalt nahm. In diesen Tagen habe ihn, wie er schon im Vorwort seines Buches "Blaulichtgebete" schreibt, der Ruf ereilt, sich den Psalmen anzunehmen.

Beschäftigung mit Psalmen bringt Autor der Heilung näher

Mit Erfolg: Die Beschäftigung mit den alten Texten und der Versuch, jahrtausendalte Gedanken und Empfindungen in einen gegenwärtigen Wortschatz zu übertragen, haben ihn der Heilung näher gebracht.

Das Ergebnis sind 150 Neufassungen, die sprachlich Gott sei Dank keine künstlich aufgeblasenen Anbiederungen an einen linguistischen Zeitgeist geworden sind, sondern im besten Sinne zeitgenössische Liedverse, die durch eine ebenso behutsame Übersetzung ins Deutsch der Gegenwart wie zutiefst persönliche Interpretation des Autors umso intensiver wirken.

Gerade bei den viel zitierten Psalmtexten fällt dieser Ansatz positiv auf: Aus

"Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?"

in Psalm 121 wird in der mit "Bergretter" überschriebenen Neuversion

"Liege ich am Boden, fehlt mir jegliche Perspektive, dann hebe ich meine Augen auf zu den Bergen."

Oder Psalm 23: Wo Martin Luther noch "Der Herr ist mein  Hirte, mir wird nichts mangeln" übersetzt, schreibt Eckert "Du bist mein Hirte und Beschützer, du lässt mich keinen Mangel leiden". Der Wortsinn bleibt, manchmal sogar der Wortlaut. Es ändern sich nur wenige Wendungen, schon werden die Texte deutlich verständlicher auch für theologisch wenig vorgebildete Leserinnen und Leser.

Hoher Respekt vor vertrautem Sound

Siegfried geht mit hohem Respekt vor dem "Sound des Vertrauten" ans Werk und schließt die Schatzkammer dieser uralten Liedersammlung neu auf. Rund ein Drittel der Texte seien seiner Meinung nach Ausdruck von Lobpreis Gottes und seiner Schöpfung. Das Gros allerdings befasse sich mit Kränkungen, Unwahrheiten, Gerüchten oder sogar Angriffen durch Feinde. 

Vielleicht haben die Psalmen genau den Nerv des Autoren getroffen, als dieser sich ihrer annahm. Auf jeden Fall konstatiert er, sich nach dieser intensiven Auseinandersetzung von den Texten verstanden und wieder auf den Boden der Tatsachen zurück gebracht fühlte. Ein Geschenk, das den Lesenden auch zuteil werden soll.

"Blaulichtgebete" ist der Lyrikerin Hilde Domin gewidmet. Die habe ihm einmal bei einer Vorlesung erzählt, die Worte ihrer Gedichte hätten immer Vorfahrt mit Blaulicht angezeigt, wenn sie aus ihr heraus gewollt hätten. Vielleicht war das vor 3000 Jahren ja auch schon so. Heilsam sicher.

 

Siegfried Eckert: Blaulichtgebete - Die Psalmen übertragen vom Damals ins Heute

Claudius Verlag 2022, 288 Seiten, 25 Euro.

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