Seit Anfang April sind Gender-Sonderzeichen in offiziellen Schreiben von Behörden, Schulen und Hochschulen in Bayern verboten.  Das bedeutet, dass Sternchen, Doppelpunkt oder Binnen-Is in Schulaufgaben, Elternbriefen oder amtlichen Mitteilungen nicht mehr verwendet werden dürfen.

Die männliche und weibliche Form sind zwar weiterhin erlaubt, zum Beispiel Schülerinnen und Schüler. Doch jeder Verweis auf Menschen, die sich keinem Geschlecht fest zuordnen, ist damit ausgeschlossen. 

Lehrkräfte über Gender-Verbot: "diskriminierend" und "realitätsfremd"

Damit sind bei weitem nicht alle einverstanden. Die Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV) Simone Fleischmann bezeichnet das Verbot als "Rolle rückwärts". Es werde die gesellschaftliche Entwicklung hin zur Diversität nicht aufhalten. 

Auch unter bayerischen Lehrkräften gibt es Unmut über die Entscheidung. Zwei an staatlichen Schulen in Bayern angestellte Lehrkräfte erklären gegenüber der "Tagesschau", es gäbe statistisch gesehen in jeder ihrer Klassen queere Menschen. Dass es diese nun auf dem Papier nicht mehr geben dürfe, bezeichnen sie als "realitätsfremd", das Verbot selbst als "diskriminierend". 

Ihren Namen wollen die beiden lieber nicht nennen – laut der "Tagesschau" aus Angst vor dienstrechtlichen Konsequenzen. Vor dem Interview sollen sie einen Anruf der Gewerkschaft bekommen haben, die ihnen davon abgeraten habe, ihre Äußerungen vor der Kamera zu tätigen. 

Kritik an Sprachregelung

Kritik an der Sprachregelung kam zuvor auch vom Bayerischen Jugendring (BJR). "Nicht weniger, sondern mehr Vielfalt wäre ein wichtiges Zeichen in Bayern", sagte der Queer-Beauftragte des Bayerischen Jugendring (BJR), Patrick Wolf.

Die vom BJR veröffentlichte Studie HAY (How are you?) zeige, dass LSBTIQA*-Personen in nahezu allen Lebensbereichen in hohem Maß von Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen betroffen seien. "Daher wäre ein sensiblerer und aktueller Umgang mit unserer deutschen Sprache umso wichtiger." 

Die Staatsregierung hatte sich in ihrer Entscheidung auf den Rat für deutsche Rechtschreibung berufen, der nicht empfiehlt, Sonderzeichen im Wortinneren zu verwenden, weil es sich damit um "Eingriffe in Wortbildung, Grammatik und Orthografie handelt, die die Verständlichkeit von Texten beeinträchtigen können", legte das Kabinett dar.

(mit Material von epd)

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Brendelkind am Mo, 08.04.2024 - 18:03 Link

"nicht mehr verwendet werden dürfen"
ähm.. und warum höre und lese ich dann weiterhin tagtäglich die Gendersprache in Nachrichten und anderen Medien? Mittlerweile ist so die Gendersprache schon so weit verbreitet, auch Genderwörterbücher wie https://www.wort-suchen.de/gendern werden weiterhin -up to date- gehalten: Muss man da wirklich wieder 10 Schritte zurückgehen?
Bin zwar kein Gender, aber ich kann dennoch nachvollziehen, warum sich jene -jetzt nach dem plötzlichen Verbot- erst recht diskrimminiert fühlen..

PeterG am So, 07.04.2024 - 07:22 Link

Klima der Angst - ja, aber durch die Gewerkschaft. Die genannten Lehrer dürfen ihre Meinung dazu öffentlich sagen. Wir Lehrer sind Beamte, aber nicht Leibeigene.