Allerheiligen ist ein katholischer Feiertag am 1. November jedes Jahres. An Allerheiligen gedenken die Katholik*innen ihrer Heiligen, also der Menschen, die gläubig gelebt und die christliche Botschaft verkündet haben – und dafür vom Papst heiliggesprochen wurden. Heutzutage ist Allerheiligen vor allem ein Fest, an dem sich Gläubige an vorbildlichen Menschen erinnern, darunter auch an solche, die nicht offiziell zum Kreis der Heiligen gehören.
Protestant*innen haben historisch gesehen eine kritische Haltung gegenüber der Heiligenverehrung, die in der römisch-katholischen Tradition weit verbreitet ist. Sie lehnen die Verehrung von Heiligen und die Fürsprache bei Heiligen ab, und betonen den direkten Zugang zu Gott durch Gebet und Glauben.
Ist Allerheiligen also kein Fest für evangelische Christ*innen? Doch, aber anders.
Das Konzept von Heiligen, die in der katholischen Tradition als besondere Vermittler zwischen Gott und den Gläubigen angesehen werden, steht im Widerspruch zur evangelischen Glaubensauffassung. Martin Luther verstand Christus als einzigen Mittler zu Gott, und betonte davon ausgehend die Gemeinschaft aller Gläubigen.
Infolgedessen hat der katholische Feiertag Allerheiligen für Protestanten eine andere Bedeutung – und einen anderen Namen: Es heißt Gedenktag der Heiligen.
Unterschiedliche Auffassungen darüber, wer heilig ist
Die Unterschiede zeigen sich nicht nur im Namen, sondern auch in der Herangehensweise an den Tag. Das biblische Votum (Motto des Gottesdienstes) lautet: "Ihr seid nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen." (Epheserbrief 2,19)
Das Eingangsvotum zeigt den Unterschied zum katholischen Verständnis noch deutlicher:
"Am Gedenktag der Heiligen freuen wir uns darüber, dass Gott sich seine Kirche in dieser Welt erwählt und wir in diese Kirche mit hineingerufen sind. Auch wir gehören zur Gemeinschaft der Heiligen, die keinen Anfang und kein Ende hat, es sei denn in Gott selbst, der allein uns heiligt."
Gelegenheit zur Reflexion über Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Allerheiligen kann somit für Protestant*innen eine Gelegenheit sein, die theologischen Unterschiede zwischen ihren Glaubensüberzeugungen und der katholischen Tradition zu reflektieren. Es ist eine Zeit, um die wichtige Rolle der Schrift, des persönlichen Gebets und des Glaubens in der protestantischen Theologie zu würdigen und die Unterschiede im Gottesdienst zu verstehen.
Es ist aber auch die Gelegenheit, die Gemeinsamkeiten des christlichen Glaubens zu schätzen. Denn wie eingangs erwähnt gedenken auch Katholik*innen heutzutage oft nicht mehr nur stur den vom Papst heilig gesprochenen Menschen.
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