Unser Pfarrer schaut zweifelnd, als meine beste Freundin und ich ihn fragen, ob wir direkt nach der Konfirmation schon den neuen Kurs als Teamer begleiten dürfen. Wie sollten uns die neuen Konfis ernst nehmen, wenn wir einen Kopf kleiner und nur ein halbes Jahr älter waren als die Jugendlichen im neuen Kurs?

Die Konfis sollen eine gute Zeit haben. Damit ist nicht gemeint, dass man als Konfi-Teamer den Pausenclown mimt und die Konfis möglichst zum Lachen bringt, sondern dass sie sich wohlfühlen, bei den intensiven, schweren Themen genauso wie bei den banalen wie dem Basteln der Konfirmationskerze.

Hier sind fünf Gründe, warum ich die Zeit als Konfi-Teamer niemals missen möchte.

1. Ich darf peinlich sein.

Natürlich darf man sich manchmal nicht zu ernst nehmen. Je alberner die Teamer, desto unbefangener die Konfis. Da steht man schon mal als "Schokoladenkrieger" im Supermarkt, weil einem beim Plätzchenbacken die Eier ausgegangen sind. Meine beste Freundin und ich laufen dann mit geschmolzener Schokolade als Kriegsbemalung im Gesicht und Weihnachtsliedern im Ohr durch die Gänge. Warum? Backen kann auch dreizehnjährigen Jungs Spaß machen, vor allem, wenn sie danach von Spielen wie dem "Schüttel-Lied" oder "Lass mich dein verrücktes Huhn sehen" verschont bleiben. Es ist ein befreiendes Gefühl, nicht cool sein zu müssen, sich nicht um Klassenkameraden und Schulaufgaben kümmern zu müssen. Auch wenn ein Mitschüler mit den Augen rollt oder flüstert "Mann, ist das peinlich", solange sie was zu lachen haben, ist man der Gewinner.

2. Ich kann Menschen trösten.

Ich war damals sehr überrascht, wie schnell man zu einer Vertrauensperson wird. Wie schnell in einem Konfi-Kurs eine Atmosphäre entstehen kann, in der sich die Jugendlichen ihrer Emotionen und Probleme bewusst werden. Wie berührend und persönlich sich manche Einheiten entwickeln. Jedes Jahr in der Zeit um Allerheiligen gab es eine Einheit zum Thema Tod. An einem Herbsttag wanderten wir in der Abenddämmerung zum Friedhof, der etwas außerhalb liegt. Auf dem Weg waren verschiedene Stationen aufgebaut und am Ende, als es dunkel wurde, gab es die Möglichkeit, für einen Verstorbenen aus der Familie eine Kerze anzuzünden. Noch lange nach dem Ende der eigentlichen Einheit sitzt man zusammen, eine Konfirmandin erzählt von ihrer verstorbenen Oma und dass sie seitdem versucht, deren Plätzchen so zu backen, dass sie genauso schmecken. Ein anderer Konfirmand erzählt, wie sein Opa ihm das Rasenmähen beigebracht hat.

3. Ich lerne, ein Vorbild zu sein

Als Betreuer hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, respektiert zu werden. Nein, das ist falsch formuliert. Als Teamer hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, mir Respekt verschaffen zu müssen bzw. eine Vorbildfunktion einzunehmen. Wie schaffe ich es, dass sie mir zuhören, wenn ich eine Einheit erkläre? Wie schaffe ich es, dass sie mir zuhören? Selbstvertrauen und das nötige Auftreten, das braucht man dafür und ich weiß auch heute manchmal nicht, wie ich das eine oder andere einsetzen soll. Aber damals, im ersten Jahr als Teamer, waren wir noch zu zweit und haben die Runde moderiert, mit dem Pfarrer als Rückendeckung, falls jemand Faxen macht. Im zweiten Jahr, bei einer Übernachtung im Gemeindesaal, schlichen die Konfis schon schuldbewusst und widerspruchslos in ihre Schlafsäcke, als ich sie nachts auf dem Flur erwischte.

4. Ich lerne mehr über meinen Glauben

Für mich war die Konfirmandenzeit die Zeit, in der ich mich am meisten mit meinem Glauben auseinandergesetzt habe. Wenn ich versucht habe, den Konfis ein Thema näherzubringen, habe ich erst gemerkt, wie viel ich selbst noch nicht verstanden habe und wie viele Fragen ich dazu hatte. Wenn dann aber nach der Konfirmandenstunde die übrig gebliebenen Süßigkeiten aus der Pause vernichtet werden mussten, geschah dies gemütlich bei einer Tasse Tee, mit der Möglichkeit, genau diese Fragen beantwortet zu bekommen.

 5. Ich kann mich in einem geschützten Raum entfalten

Das Besondere am Teamer-Sein? Die Vorteile des Dazwischenseins. Man ist kein Konfirmand mehr, aber auch kein autoritärer Pfarrer. Man kann ohne Versagensängste Verantwortung übernehmen. Man kann Dinge tun, die einem sowieso Spaß machen, oder man lernt, mit neuen Situationen umzugehen. Man wächst und hinterfragt und sieht, dass die Konfis das auch tun. Die Konfi-Arbeit ist ein geschützter Raum und so kitschig das klingt, man kann sich entfalten.

Fazit: Wir sind ein Team

Es gibt so viele Dinge, die ich damals genossen habe und wenn ich höre, dass meine beste Freundin immer noch ihre Samstage in der Kirche verbringt und Konfirmanden betreut, überkommt mich nicht selten Wehmut. Schließlich ist man als Teamer Teil eines Teams und das über die Zeit in der Kirche hinaus.

Ein Teamer hat mir beim Umzug geholfen, mit einem anderen feiere ich Silvester und mein Pfarrer? Der sitzt beim Geburtstag meiner Freundin mit einem Dutzend 22-Jähriger am Tisch, trinkt ein Bier, quatscht, lacht viel und verabschiedet sich erst spät.

Kommentare

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Ingrid Müller am So, 27.10.2024 - 08:20 Link

Leider nutzen nicht viele Kirchengemeinden diese Moeglichkeit.
Die Konfirmandenzeit ist eine Chance für die Kirche ,junge Menschen zu gewinnen.
Aber die allermeisten kommen nach der Konfirmation nicht mehr.