Eine Kiste mit lauter Brillengestellen reiht sich an eine Kiste mit alten Zigarettenschachteln. Daneben schmückt ein leerer Fernsprechapparat das große Holzregal, während ein paar Meter weiter eine menschenähnliche, weiße Figur mit einer Wäscheklammer auf der Nase in den Raum blickt. Was für die einen aussieht, wie ein chaotisches Zimmer mit wahllos zusammengestellten Gegenständen, ist für Pfarrer Cesare Kaiser ein Paradies: sein Atelier.

Pfarrer Cesare Kaiser möchte schon als Kind Künstler werden

Hier entstehen über Wochen und Monate hinweg Bilder, Collagen und Figuren. Meistens verbringt der 57-jährige Familienvater seine Zeit hier am Abend. Dann sind seine vier Kinder im Bett, er hat seine Pflichten als Pfarrer und Hausmann getan und kann sich seiner Leidenschaft, der Kunst, hingeben.

Schon als 15-Jähriger möchte Cesare Kaiser Künstler werden. Pfarrer sein war hingegen nicht sein Ziel. Er wächst in der Nähe von München auf, studiert Theologie nur aus Interesse. Während des Studiums arbeitet er in der christlichen Archäologie der Universität. Dort entdeckt er seine Begeisterung für die Verbindung von Kunst und Theologie. Auf Wunsch seiner ersten Frau wird Cesare Kaiser nach dem Studium doch Pfarrer. Für die Kunst bleibt nur noch wenig Zeit.

Der Pfarrer und Seelsorger hat heute Zeit für Kunst und Familie

Heute ist das anders. Er arbeitet als Pfarrer und Seelsorger im Stadtkrankenhaus Schwabach und hat nun Zeit für die Kunst und seine Familie. "Ich bin halbtags Pfarrer und halbtags Künstler und Hausmann", beschreibt Cesare Kaiser seinen Beruf.

Früher hat der Seelsorger feine Ölgemälde gemalt. Durch seine Erkrankung an Multipler Sklerose kann er das nicht mehr. Er kann nur noch schlecht schreiben und malen, nicht weiter als einen Kilometer am Stück gehen und nicht mehr gut sehen. Ein Grund mit der Kunst aufzuhören, ist es für ihn aber nicht.

"Manchmal brauche ich dann einfach ein bisschen länger. Mein Schicksal zu beweinen, bringt schließlich nichts",

sagt Cesare Kaiser mit einem Schulterzucken. Deshalb erstellt er heute viel mehr Figuren und Collagen.

Cesare Kaisers Werke verbinden Glauben, Theologie und Kunst

In seiner Kunst verbindet er Glauben, Theologie und Kunst. Einige seiner Werke sind derzeit in der Stadtkirche Schwabach ausgestellt. Unter dem Titel "Der Geist hat viele Farben" sind in der Ausstellung andere Perspektiven auf theologische Aussagen und den persönlichen Glauben zu sehen. Sein Bild "Schön eingereiht" zeigt ein weißes Kruzifix, das optisch zwischen 77 weißen Astgabeln untergeht. Dass es sich um 77 Astgabeln - zwei Mal die heilige Zahl 7 - handelt, habe er erst gemerkt, als ihn ein Besucher der Ausstellung darauf aufmerksam machte. Ein wunderbares Beispiel dafür, dass Betrachter "manchmal mehr sehen als der Künstler", schmunzelt Cesare Kaiser.

Oft sind es Alltagsgegenstände, die der Pfarrer findet und in einen neuen Kontext setzt. Das geht häufig auch über einen theologischen Kontext hinaus - wie auf dem Titelbild der Ausstellung in der Stadtkirche. Das Bild mit dem Titel "Das offene Meer" zeigt die schlimme Situation für viele Geflüchtete auf dem Mittelmeer. Symbolisiert mit einem deutschen Reisepass, verschiedenen Gittern und einem blauen Untergrund. Für Cesare Kaiser beschreibt das Bild "diese Sehnsucht, das offene Meer zu überwinden" und den Widerspruch, dass durch Abschiebung der Politik "dieses offene Meer doch kein offenes Meer ist."

Bis ein Kunstwerk fertiggestellt ist, dauert es manchmal Wochen und Monate. Cesare Kaiser sammelt zunächst alle möglichen Alltagsgegenstände. Diese lagert er häufig über Jahre in seinem Atelier, bis daraus die passende Idee entspringt.

Kaiser nutzt Bilder, um darzustellen, was Sprache nur umschreiben kann

Dass ein evangelischer Pfarrer auch als Künstler arbeitet, ist selten. Schließlich gibt es in der evangelischen Kirche keine Abbilder Gottes. Doch Cesare Kaiser findet: "Sprache kann nur umschreiben." In einem Bild hingegen könne jede Person etwas erkennen. "Egal welche Sprache sie spricht, welchen Hintergrund oder welche Intelligenz sie hat." Auf diese Weise spielt der Pfarrer mit Theologie, Politik und Kunst. Und manchmal ergeben sich daraus dann eben ganz neue Sichtweisen auf den persönlichen Glauben. Für Pfarrer Cesare Kaiser ist klar:

"Ohne Bilder geht es nicht."