Vor zwei Wochen haben wir unsere Frage des Monats in die Runde geworfen: "Soll sich die Kirche politisch positionieren?" – ein Thema, das besonders im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl von Bedeutung ist.

Die Reaktionen in den sozialen Medien waren vielfältig und spiegelten unterschiedliche Meinungen wider. Dennoch zeigte sich eine klare Tendenz: Viele der Antworten deuteten darauf hin, dass die Kirche automatisch politisch wird, wenn sie sich für die Verbreitung und das Leben christlicher Werte in der Gesellschaft einsetzt. Die Frage, wie intensiv und in welcher Form die Kirche hier aktiv werden sollte, sorgte für lebhafte Diskussionen unter unseren Beiträgen.

Wir haben einige der spannendsten und aufschlussreichsten Antworten für euch zusammengestellt:

"Glaubwürdige Kirche kann nicht unpolitisch sein"

 

Die Wurzel der Kirche ist die Verkündigung des Evangeliums an Menschenn. Nicht losgelöste Seelen, sondern Menschen mitten im Leben. Eine Kirche, die den politischen Kontext des Menschen ignoriert, ignoriert den Menschen selbst. Deswegen kann glaubwürdige Kirche nicht unpolitisch sein. Sie muss aber deutlich machen, dass jegliche politische Positionierung niemals Menschen anderer Meinung ausschließen wird und die Meinungspluralität zum kirchlichen Leben dazugehört - wie ja auch schon zum biblischen Kanon.  

Pfr, Johannes Herold ist Sprecher des #aee – anders.evangelisch.engagiert 

 

Nein, weil die Kirche der Versuchung unterliegt, parteipolitisch zu werden.

Alois Schwarz 

 

Glaube beinhaltet einen politischen Auftrag in der Welt. Allerdings sollte die Kirche ihn nicht parteipolitisch verengen, soweit es sich um demokratische Parteien handelt, sondern vom Handeln Jesu her argumentieren. 

Nicole Auerwald 

 

"Klarer Auftrag an die Kirche"

 

Gab es da nicht mal einen klaren Auftrag an die Kirche - vom Herrn der Kirche höchstpersönlich? Heute würde man wohl sagen: Ganzheitlich missionarisch-diakonisch wirken - in größtmöglicher Verantwortung vor Gott und den Menschen. 

Carsten Heß 

 

Kirche sollte gesellschaftlich den Menschen dient. Seelsorge und Diakonische Angebote für die Menschen schafft. Politisch sollte die Kirche nicht tagespolitisch werden sondern einfach christliche Werte als Leitlinien von Politik betonen, wie Bewahrung der Schöpfung und Nächstenliebe. Von der Tagespolitik sollte die Kirche so gut es geht sich fernhalten, denn sonst verliert sie ihre Möglichkeit für alle Menschen ein Ort des Glaubens zu sein. 

Der Schwerpunkt der Kirche bleibt trotzdem im religiösen Handeln. Ansonsten verliert sie ihre Legitimität. Gesellschaftliches Handeln als Kirche ist wichtig und richtig. 

Sie vermag dies aber nur sinnvoll als Kirche zu tun, wenn sie dabei aus der Kraft des lebendigen Gottes schöpft. 

Johannes Göpffahrt 

 

Gelebte Nächstenliebe, die zu gesellschaftlichem Engagement führt (Gesundheit, Soziales, Frieden, Gerechtigkeit, Bildung) ist automatisch politisch. In diesem Sinne sollten Christenmenschen und auch "die Kirchen", also in den Institutionen Verantwortung tragende Menschen, sich zu aktuellen Themen äußern - da wo sie etwas hilfreiches beizutragen haben. Was ich problematisch finde, ist, wenn es zu sehr in Richtung Parteipolitik geht. Parteiewerbung - egal für welche - und Wahlkampf gehört m.E. nicht auf die Kanzel. Aber die Haupt Aufgabe der Kirche ist, das Evangelium zu verkünden und Liebe und Hoffnung zu verbreiten. 

Thomas Sonnhüter 

Kommentare

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Florian Meier am Fr, 31.01.2025 - 18:07 Link

Hm, wenn man so die gelisteten Beiträge liest, finde ich die Einführung etwas irreführend. Zwar gibt es breite Zustimmung, dass Kirche und Christen politisch wirken (sollen), was keine Überraschung ist. Es gibt aber auch viele Stimmen, die eine starke Involvierung in Parteien oder Tagespolitik ziemlich kritisch sehen, was die Autorin eher übergeht. Genau da liegt aber der "Hund" begraben, denn wohl kein ernsthaftes Kirchemitglied wird komplettes öffentliches Schweigen oder die Einstellung aller caritativen Aktivitäten fordern. Es geht um tagespolitische Forderungen mit Parteinahme für eine bestimmte politische Ausrichtung und Verurteilung bestimmter politischer Entscheidungen nicht in Berufung auf theologische sondern eher allgemein ethische Prinzipien oder gar weltliche Rechtsnormen. Dagegen kann man sowohl die Zwei-Reiche-Lehre als auch das Evangelium selbst anführen, was sich nicht primär an Funktionsträger zwecks Ausgestaltung der Machtverhältnisse richtet oder zur Revolution oder Petition aufruft. Skeptisch kann man freilich dazu anmerken, dass dieses Stillschweigen teilweise der erdrückenden und brutalen römischen Übermacht geschuldet war, die jedes Aufbegehren zum Himmelfahrtskommando unter Gefährdung Dritter machte (siehe Tempelzerstörung und Untergang auf Massada) und die damals herrschende Endzeiterwartung, die ein unmittelbares Handeln eher unnötig, da sowieso zeitlich begrenzt wirksam, machte. In diesen Punkten leben heutige Christen zumindest in Deutschland wohl unter anderen Verhältnissen auch wenn es sowohl Endzeit Erwartung als auch Unterdrückung auch unter heutigen Christen gibt.