Als Weichensteller ist Christian Kopp seit Dezember 2019 im Kirchenkreis München und Oberbayern unterwegs. Statt auf mediale Aufmerksamkeit setzt der 58-jährige Regionalbischof auf das Netzwerken hinter den Kulissen. Sein Ziel: Die Kreativen und Mutigen in den 150 oberbayerischen Gemeinden fördern und - so sein Instagram-Nutzername - @leuchtenlassen.

Der passionierte Bergsteiger und Radfahrer hat sich als einziger aus den Reihen des Landeskirchenrats – dem Leitungsgremium aus Landesbischof, Abteilungsleitern und Regionalbischöfen - um die Nachfolge von Heinrich Bedford-Strohm beworben. Kirchen-Insidern zufolge kam die Bewerbung relativ kurzfristig, erst im Dezember 2022.

Vorsprung durch Innenansichten?

Kopp wäre bei Amtsantritt 59 Jahre und somit der älteste der vier Kandidaten. Im Falle seiner Wahl stünde er acht statt der möglichen zehn Jahre an der Spitze der bayerischen Protestanten: Denn auch ein Landesbischof tritt als Kirchenbeamter in der Regel mit 67 Jahren in den Ruhestand.

Die verkürzte Amtszeit kann der gebürtige Regensburger, der in Garmisch-Partenkirchen aufgewachsen ist, möglicherweise durch einen Vorsprung im System wettmachen. Als Mitglied des Landeskirchenrats kennt er - anders als die Mitbewerber - den "Apparat" bereits von innen. Zudem bringt der Sohn eines Rummelsberger Diakons eine Ausbildung als Gemeinde- und Organisationsberater mit, was bei den anstehenden Umwälzungen in der Kirche ein Vorteil sein könnte.

Kopp kennt Stadt und Land

Nach dem Studium in München, Erlangen, Bern und Tübingen war Christian Kopp als Hochschulpfarrer und für die Kommunikationsinitiative der Landeskirche tätig. Mit seiner Frau Julia, ebenfalls Pfarrerin, bekam er zwei Kinder und schlug für 20 Jahre Wurzeln im Fränkischen. Dort war er erst Dorfpfarrer, dann Dekan im Nürnberger Süden mit seinen sozialen Brennpunkten. Kopp kennt sich also aus mit den Bedingungen der bayerischen Protestanten: auf dem Land wie in der Metropole, im fränkischen Kernland wie in der oberbayerischen Diaspora.

Kopps Start als Münchner Regionalbischof wurde Anfang 2020 durch die Corona-Pandemie erschwert; im Frühjahr 2021 musste das Pfarrerspaar den Suizid des Sohnes verkraften. Bremsen ließ sich Christian Kopp nie lang: Er packt an, was ihm das Leben vor die Füße legt.

Das gilt auch für die kirchlichen Themen Pfarrermangel, Mitgliederschwund und Geldknappheit: Lamentieren ist nicht Kopps Ding. Stattdessen sucht er ohne Denkverbote nach kreativen Lösungen, auch wenn die weh tun - und fordert das auch von seinen Wegbegleitern. Zuversicht, Solidarität und Mut sind auf dem Weg zu einer erneuerten Kirche für Kopp nicht die Kür - sondern Christenpflicht.

 

Der rechtliche Rahmen der Bischofswahl

Landesbischöfin oder Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) kann nicht jeder werden. In verschiedenen Verträgen und Gesetzen ist beispielsweise ganz genau geregelt, wer überhaupt kandidieren darf - und selbst dann könnte es sein, dass er oder sie gar nicht zur Wahl stehen. Denn die Bayerische Staatsregierung könnte Kandidierende für das wichtige Amt auch ablehnen.

In der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (Siebter Abschnitt, Artikel 60-63) sind die Stellung, die grundlegenden Aufgaben und die Wahlmodalitäten geregelt - die Details zur "Rechtsstellung des Landesbischofs bzw. der Landesbischöfin" im Bischofsgesetz (BischofsG). Laut diesen Vorgaben kommt für das Amt nur eine ordinierte Pfarrerin oder ein Pfarrer infrage, die in der ELKB arbeiten dürfte.

Selbst bewerben kann man sich für das Bischofsamt nicht - Wahlvorschläge, sogenannte Anregungen, können von verschiedenen kirchlichen Gremien oder Institutionen, wie etwa Kirchenvorständen oder Verbänden, sowie von Mitgliedern der Synode gemacht werden. Der Wahlvorschlag - also die Liste mit den Kandidierenden - wird der Staatsregierung vorgelegt. Diese dürfte (rein theoretisch) auch Kandidierende ablehnen.

Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Staatsvertrag zwischen Bayern und der Landeskirche aus dem Jahr 1924. Auch bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) muss der Vorschlag aus Bayern vorgelegt werden. Erst wenn es grünes Licht von allen Seiten gibt, wird der endgültige Wahlvorschlag beschlossen und veröffentlicht.